Inklusive Bildung: was regelt das Gesetz?
Die Teilhabe von Kindern mit Behinderung ist ein Menschenrecht. Für die inklusive Bildung bestehen verschiedene gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass Kinder aufgrund ihrer Behinderung keine Diskriminierung erfahren dürfen. Es ist im Grundgesetz verankert, dass niemand „wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf“ (Artikel 3). Doch was bedeutet das? Der folgende Text nimmt die internationalen und bundesweiten Regelungen genauer in den Blick.
Das Diskriminierungsverbot - Konventionen der Vereinen Nationen
Eine wichtige Bedeutung hat die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK). Sie besteht aus 54 Artikeln und trat 1992 in Deutschland in Kraft. Die Konvention basiert auf vier Grundprinzipien: Diskriminierungsverbot, Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, Kindeswohlvorrang sowie Recht auf Beteiligung. Artikel 2 der UN-KRK verbietet Diskriminierungen aufgrund von Behinderungen des Kindes oder seiner Eltern. Zudem heißt es in Artikel 23:
Die Vertragsstaaten erkennen an, dass ein geistig oder körperlich behindertes Kind ein erfülltes und menschenwürdiges Leben unter Bedingungen führen soll, welche die Würde des Kindes wahren, seine Selbständigkeit fördern und seine aktive Teilnahme am Leben der Gemeinschaft erleichtern.
Für die inklusive Bildung ist zudem die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wichtig. Sie fördert und schützt die Rechte von Menschen mit Behinderung. In Deutschland ist die UN-BRK seit 2009 in Kraft und gilt als weiterführende Interpretation der UN-KRK. Die Konvention schafft keine Sonderrechte, sondern konkretisiert und spezifiziert die universellen Menschenrechte aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen.
Das Recht auf inklusive Bildung ist in Artikel 24 der UN-BRK festgeschrieben. Um dieses zu verwirklichen, verpflichten sich die Vertragsstaaten dazu, ein „integratives Bildungssystem auf allen Ebenen“ zu schaffen. Kinder dürfen aufgrund ihrer Behinderungen nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Vielmehr gilt es, Kinder mit Behinderung im Bildungssystem angemessen zu unterstützen.
Gesetzlicher Anspruch auf frühkindliche Förderung – die Regelungen in den Sozialgesetzbüchern
Die Rechtsansprüche von Kindern mit Behinderung sind in Deutschland in den Sozialgesetzbüchern geregelt. Auch der Anspruch auf frühkindliche Förderung ist dort festgeschrieben. Nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ist es Aufgabe der Jugendhilfe, Angebote zur Förderung aller Kinder in Tageseinrichtungen und Tagespflege bereitzustellen. Seit 2013 hat jedes Kind ab seinem ersten Geburtstag einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. In § 22a wird die gemeinsame Förderung aller Kinder in Kindertagesstätten festgehalten:
Kinder mit Behinderungen und Kinder ohne Behinderungen sollen gemeinsam gefördert werden. Die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen und von Kindern, die von Behinderung bedroht sind, sind zu berücksichtigen.
Wie die Leistungen zur Teilhabe ausgestaltet werden, ist derzeit im neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) geregelt. Nach § 4 sollen die Leistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohter Kinder so geplant und gestaltet werden, dass Kinder nach Möglichkeit nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit nicht behinderten Kindern betreut werden.
Inklusive Kinder- und Jugendhilfe
Um die Kinder- und Jugendhilfe inklusiver zu gestalten, ist Deutschland dabei, diese bisher unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zusammenzuführen: Die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit geistiger und körperlicher Behinderung, die derzeit in SGB IX geregelt ist, soll mit der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung verbunden werden, die in SGB VIII geregelt ist. Im Dezember 2024 wurde dazu ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz - IKJHG) in den Bundesrat eingebracht. Mit dem Gesetz soll die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und ihren Familien deutlich verbessert werden. Grundlage für den Entwurf waren die Ergebnisse eines umfassenden Beteiligungsprozesses unter dem Titel „Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“, den das BMFSFJ von Juni 2022 bis Dezember 2023 durchführte.
Bundeslandspezifische Regelungen
Über die internationalen und bundesweiten Regelungen hinaus, bestehen zudem auf Ebene der Bundesländer verschiedene Teilhabe- und Förderpläne, Empfehlungen sowie Handreichungen zur Förderung von Kindern mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen. Denn die Bundesländer müssen nach § 26 SGB VIII in ihren landeseigenen Gesetzen die Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen regeln. Eine Übersicht darüber bietet der Bildungsserver oder die Webseiten der Länder.
Was macht eine inklusive Bildung in der Kita aus?
In einer Kita, in der Inklusion gelebt wird, werden alle Kinder wertgeschätzt und respektiert. Schwerpunkt inklusiver Pädagogik ist es, Barrieren in der Kita zu identifizieren und zu überwinden. Der Text „Inklusion in der frühkindlichen Bildung“ erläutert die Ziele des pädagogischen Ansatzes und wie sich dieser vom Begriff der „Integration“ unterscheidet. Frühe Chancen stellt auch Fragen und Antworten zum Thema „Inklusive Pädagogik“ bereit: neben der Zusammenarbeit mit Familien geht es um eine inklusive Haltung im Kita-Team, Fort- und Weiterbildungen zum Thema und eine alltagsintegrierte sprachliche Bildung.
Weitere Informationen
UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK)
UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII)
Sozialgesetzbuch (SGB) – Neuntes Buch (SGB IX)
Inklusion in der frühkindlichen Bildung
FAQ zum Thema „Inklusive Pädagogik“
Gesetz zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe
Ausführungsgesetze der Länder zu Tageseinrichtungen für Kinder