Internationale Aktivitäten
Der Zugang zu hochwertigen Angeboten der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung ermöglicht gleiche Chancen für alle Kinder und wirkt sich positiv auf den späteren Bildungsweg aus. Mit verschiedenen Bundesprogrammen und Investitionsprogrammen fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) deshalb den Ausbau und die Qualität der Kindertagesbetreuung in Deutschland.
Das Bundesfamilienministerium engagiert sich nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene: Zum einen durch die Förderung des Internationalen Zentrums Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung – International Centre Early Childhood Education and Care (ICEC), zum anderen durch das Mitwirken in unterschiedlichen internationalen Netzwerken und Gremien.
Der von Eurydice erstellte Bericht „Key Data on Early Childhood Education and Care – 2025“ bietet einen umfassenden Überblick zur Situation der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) in Europa >
Der nunmehr dritte Bericht zeichnet ein umfassendes Bild der aktuellen Situation und jüngeren Entwicklungen in der frühkindlichen Bildung und Betreuung in Europa. Einbezogen sind 37 Länder, davon 27 EU-Länder und 10 Partnerländer. Betrachtet werden die Bereiche Finanzierung und Governance, Zugang, das Personal in der frühkindlichen Bildung und Betreuung, Bildungspläne sowie Monitoring und Evaluation. Das bisherige Themenspektrum wurde um neue Aspekte und Indikatoren erweitert, so etwa den Umgang mit Mehrsprachigkeit, digitaler Bildung und Bildung für Nachhaltigkeit. Erstellt wurde der Bericht in Zusammenarbeit mit jeweiligen Länderexpert*innen.
Insgesamt zeigt der Bericht eine Reihe positiver Entwicklungen auf und stellt auch Deutschland in vielen Punkten ein gutes Zeugnis aus. So haben nahezu alle Länder ihr Betreuungsangebot deutlich ausgeweitet und die Teilnahme an frühkindlicher Bildung und Betreuung erhöhen können. Besonders diejenigen Länder, in denen die ministerielle Zuständigkeit für den gesamten Bereich einheitlich geregelt ist und die per Rechtsanspruch einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem frühen Alter garantieren, sind hier richtungsweisend. Deutschland findet sich hier in einer Reihe mit Dänemark, Norwegen, Estland, Slowenien, Finnland und Schweden. Diese sechs Länder garantieren jedem Kind unmittelbar nach der bezahlten Elternzeit einen Platz in der frühkindlichen Bildung und Betreuung und streben damit eine nahtlose Unterstützung für Familien an. Damit bilden sie in Europa bisher aber eher die Ausnahme als die Regel.
Auch der Trend, die Bedeutung der frühkindlichen Bildung zu betonen und die pädagogische Arbeit an zumeist nationalen Bildungsplänen zu orientieren, setzt sich europaweit fort – mit einigen interessanten Neuerungen. So haben die meisten Länder mittlerweile Bildung für Nachhaltigkeit in ihre Bildungspläne aufgenommen, wenngleich in sehr unterschiedlicher Breite und Tiefe. Auch die digitale Bildung hat einen wachsenden Stellenwert erhalten. Viele Länder haben begonnen, digitale Kompetenzen für junge Kinder zu definieren und in ihrem Bildungsplan festzuschreiben. Allerdings finden sich auch Länder, die den Einsatz digitaler Medien in der frühkindlichen Bildung und Betreuung – nach anfänglich großer Offenheit – aktuell wieder einschränken, allen voran Schweden und Dänemark.
Auffallend ist, dass nur eine Minderheit der Länder gezielte Maßnahmen zur Sprachförderung für Kinder mit einer anderen Familiensprache einsetzt. Die Maßnahmen variieren insofern, als einige Länder vor allem auf alltagsintegrierte Sprachbildung setzen und andere auf strukturierte Sprachprogramme. Außerdem unterscheiden sie sich danach, inwieweit sie die Familiensprache integrieren. Beispielsweise haben Luxemburg und Österreich Empfehlungen herausgegeben, die das FBBE-Personal ausdrücklich dazu ermutigen, Kinder mit Migrationshintergrund bei der Entwicklung ihrer muttersprachlichen Fähigkeiten zu unterstützen.
Bei allen Unterschieden stehen viele europäischen Länder heute vor der gleichen Herausforderung. Das Arbeitsfeld der FBBE leidet unter einem erheblichen Fachkräftemangel. Öffnung für Quereinstiege, die Senkung von Zugangsvoraussetzungen, berufsbegleitende Ausbildungsmöglichkeiten, Ausbildungsförderungen und Werbekampagnen – die Maßnahmen, die ergriffen werden um den Fachkräftemangel zu beheben, sind vielfältig, aber reichen oftmals nicht aus. An einer substantiellen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entwicklung von Aufstiegs- und Karrierepfaden dürfte kein Weg vorbeiführen, will man mehr Fachkräfte gewinnen und langfristig in dem Arbeitsfeld halten. Wie es gehen könnte, lässt sich zum Teil in Ländern ablesen, die traditionell ein Vorschulsystem haben, das dem Bildungsbereich zugeordnet ist. In Ländern wie Frankreich, Spanien oder Griechenland liegen die Qualifikationen und Einstiegsgehälter von Vorschul-Lehrkräften, die mit über dreijährigen Kindern arbeiten, und Grundschullehrkräften auf gleichem Niveau.
Auf eine weitere übergreifende Entwicklung weist der Bericht hin. Europaweit ist die Zahl der Kinder unter 6 Jahren in den letzten zehn Jahren um mehr als 2 Millionen gesunken, und bis 2030 wird es noch einmal 1 Million weniger Kinder im FBBE-Alter geben. War der Bereich der Kindertagesbetreuung in den letzten zwanzig Jahren durch kontinuierliches Wachstum gekennzeichnet, lassen sich in manchen ländlichen Gegenden bereits Kita-Schließungen beobachten. Der Bericht zeigt mögliche Konsequenzen dieser Entwicklung, aber auch politische Handlungsoptionen auf, die sich daraus ergeben:
- Die demografischen Veränderungen können dazu beitragen, dass der Platzbedarf gedeckt werden kann und Familien und Kleinkindern in Zukunft ein bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung steht.
- Der Rückgang der Zahl der Kinder in Kindertagesbetreuung könnte dazu genutzt werden, die Arbeitsbedingungen des Personals zu verbessern (besserer Fachkraft-Kind-Schlüssel, mehr Zeit für Fortbildung), was letztlich auch der Qualität der frühkindlichen Bildung und Betreuung zugutekommen würde.
- In ländlichen und dünn besiedelten Gebieten müssen gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um ein FBBE-Angebot aufrechtzuerhalten, das allen Kindern den Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung ermöglicht.
Veröffentlichung:
European Commission / EACEA / Eurydice (2025), Key data on early childhood education and care in Europe – 2025. Eurydice report. Luxembourg: Publications Office of the European Union.
Der gesamte Bericht steht unter diesem Link zur Verfügung.
Das Internationale Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung – International Centre Early Childhood Education and Care (ICEC) unterstützt den internationalen Austausch in der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung. Es bereitet unter anderem internationale Forschungsergebnisse für Politik und Praxis auf, organisiert Fachtagungen und unterstützt internationale Kooperationen. Es wurde 2012 am Deutschen Jugendinstitut (DJI) ins Leben gerufen und wird vom BMFSFJ gefördert.
Gemeinsam mit dem ICEC ist das Bundesfamilienministerium in unterschiedlichen Gremien vertreten. Eines davon ist das von der Organisation for Economic Cooperation and Development – OECD geleitete OECD-Netzwerk zur Frühkindlichen Bildung und Betreuung (OECD Network on Early Childhood Education and Care). Das Netzwerk wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, die soziale Gerechtigkeit international zu stärken und Bildungschancen zu verbessern. Das Netzwerk unterstützt unter anderem den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den OECD-Mitgliedsstaaten. Außerdem hilft es dabei, Forschungslücken zu identifizieren. Dadurch soll die politische Entwicklung gefördert und die Qualität der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung in den OECD-Mitgliedsstaaten verbessert werden.
Um dem Wunsch der Mitgliedsländer der Europäischen Union nach einem stärkeren Austausch im Themenfeld der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) nachzugehen, wurde 2012 die Arbeitsgruppe „Frühkindliche Bildung und Betreuung“ (Thematic Working Group „Early Childhood Education and Care“) gegründet. Bis 2014 erarbeitete die Arbeitsgruppe Empfehlungen für einen europäischen Qualitätsrahmen für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung. Diese mündeten in die Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2019 zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, die einen wichtigen Meilenstein für die europaweite Qualitätsentwicklung in der FBBE bildet.
2021 wurde im Rahmen des European Education Area Strategic Framework eine weitere Arbeitsgruppe von Expertinnen und Experten aus den zuständigen Ministerien in den Mitgliedsstaaten, internationalen Organisationen und der Wissenschaft eingesetzt. Basierend auf einem intensiven Erfahrungsaustausch und dem Lernen von Beispielen guter Praxis sollen die EU-Länder bei der Umsetzung des Europäischen Qualitätsrahmens unterstützt werden. Dazu widmet sich die Arbeitsgruppe zunächst dem Thema Evaluation und Monitoring von Qualität in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Sie knüpfte damit an die Ratsempfehlung zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung (2019/C 189/02) an, die den Mitgliedsstaaten unter anderem empfiehlt, transparente und kohärente Monitoring- und Evaluationsverfahren einzuführen. Monitoring- und Evaluationsprozesse (M&E) zeigen Stärken und Schwächen des bestehenden Angebots auf und können so als Katalysator für Veränderungen fungieren und politische Entscheidungsträger unterstützen, mit Maßnahmen zielgenau anzusetzen. Auf der Einrichtungsebene dienen Evaluationen den Fachkräften dazu, ihre Praxis zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Die Arbeitsgruppe legte nunmehr vier Berichte mit konkreten Empfehlungen und Erfahrungen aus EU-Mitgliedsstaaten vor. Ein Kurzbericht widmets sich zudem dem Personalmangel in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung:
- Kurzbericht: Personalmangel im Sektor „Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung“ (2024)
- ECEC Monitoring and evaluating quality in ECEC: Improving the governance of monitoring and evaluation of quality in ECEC (2023)
- ECEC Monitoring and evaluating quality in ECEC: Involving parents, staff and stakeholders (2023)
- ECEC Monitoring and evaluating quality in ECEC: Making ECEC more inclusive through monitoring and evaluation of quality (2023)
- ECEC_Monitoring and evaluating quality in ECEC_background note (2022)
- ECEC_Monitoring and evaluating quality in ECEC: Purposes, Values and Principles (2022)
In den Jahren 2024 und 2025 beschäftigt sich die Arbeitsgruppe mit dem Thema Leitung in Kindertageseinrichtungen und im System der Kindertagesbetreuung. Einrichtungsleitungen haben in der Personal- und Teamführung, der Qualitätsentwicklung und Fachkräftebindung anspruchsvolle Aufgaben zu erfüllen. Wie sie gestärkt werden können, war daher Gegenstand einer „Peer learning activity“, die vom 22.-24. Mai 2024 in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin stattfand. Vertreterinnen aus Deutschland und mehr als 20 weiteren Ländern der Europäischen Union erarbeiteten gemeinsam, wie „Leadership“ nachhaltig gestaltet, unterstützt und weiterentwickelt werden kann. Im Blick war dabei auch die Rolle und Verantwortung von Trägern, Fachberatungen, Kommunal- und Landesverwaltungen sowie der Politik.
- Bericht der Peer Learning Activity "Strengthening leadership for quality development and staff retention" (Englisch)
- Bericht der Peer Learning Activity "Stärkung von Leitung für Qualitätsentwicklung und Mitarbeiterbindung" (Deutsche Übersetzung)
- Veranstaltungsdokumentation des Landes Niedersachsen
Zusätzlich zur Arbeit am jeweiligen Schwerpunktthema erfolgt ein systematischer Austausch zum Umgang von FBBE Systemen mit geteilten Herausforderungen, beispielsweise zur Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine.
Neben dem BMFSFJ sind Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer und das Internationale Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (ICEC) an der bis 2025 terminierten Arbeitsgruppe beteiligt.
Weitere Informationen zur EU-Arbeitsgruppe und EU-Aktivitäten in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung werden auf den jeweiligen Webseiten bereitgestellt.
Das Projekt „Systeme der Elementarerziehung und Professionalisierung in Europa“ (SEEPRO-3-Studie) ist eine Weiterführung der bisherigen SEEPRO-Projekte, mit welchen Informationen zu den nationalen Systemen der Kindertagesbetreuung in unterschiedlichen Ländern und zur Situation des frühpädagogischen Personals vorgelegt werden. Internationale Vergleiche über die Professionalisierung frühpädagogischer Fachkräfte sind für Deutschland wichtig – das liegt nicht zuletzt am steigenden Fachkräftebedarf in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Mithilfe der Daten des SEEPRO-3-Projektes kann beispielsweise geprüft werden, ob und in welcher Weise Personal mit ausländischen Abschlüssen in Kindertageseinrichtungen in Deutschland eingesetzt werden könnte.
Das SEEPRO-3-Projekt wurde vom März 2021 bis Februar 2024 am Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz (IFP) durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Damit liegen neue Länderberichte zur Situation des frühpädagogischen Personals sowie Hintergrundinformationen zum jeweiligen Kita-System in 33 Ländern vor.
Auf dem Onlineportal mit Informationen zum frühpädagogischen Personal in Europa werden für jedes der 33 Länder zwei Dokumente präsentiert:
Ein frühpädagogisches Personalprofil (Länderbericht) informiert über den aktuellen Stand der Personalqualifikationen, Personalstrukturen, Aus- und Fortbildungssysteme, Reformen und Forschung hinsichtlich Professionalisierungsfragen sowie ausgewählte Arbeitsbedingungen in jedem der 33 Länder. Darüber hinaus werden aktuelle Herausforderungen hinsichtlich der Personalsituation im jeweiligen Land dargestellt.
Kontextuelle Schlüsseldaten – Hintergrundinformationen – geben einen Überblick über wesentliche Merkmale und aktuelle Entwicklungen des jeweiligen Systems der frühkindlichen Bildung und Kindertagesbetreuung sowie über relevante demographische Daten.
Die 33 Länderberichte sind auf dem Portal auf Deutsch und Englisch abrufbar. Sie dienen als Ressource und Informationsquelle für eine breite Leserschaft in und außerhalb Europas: Lehrpersonal in der Aus- und Weiterbildung, nationale und regionale Fachverwaltungen, Einrichtungsträger als Arbeitgeber im Bereich der Frühpädagogik, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, frühpädagogische Fachkräfte und andere interessierten Personen.
Interview mit den Autorinnen der SEEPRO-3-Studie
Die Autorinnen der SEEPRO-3-Studie Pamela Oberhuemer und Inge Schreyer erläutern im Interview die Gemeinsamkeiten und Unterschiede vom Personal in frühpädagogischen Kindertageseinrichtungen in Europa. Sie berichten unter anderem auch, welche Strategien andere europäische Länder für den steigenden Fachkräftebedarf entwickelt haben. mehr