„Wir leisten für jede Person ein persönliches und individuelles Beratungsangebot.“

Tim Frauendorf arbeitet bei der Beratungsstelle „Fachkräfte für Kitas und Ganztag an Grundschulen mit bundesweiter Hotline“. Die Beratungsstelle wird durch das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) gefördert. Sie unterstützt im Berufsfeld der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung interessierte Personen bei allen Fragen zur Ausbildung, zum Studium oder zum direkten Einstieg in den Beruf. Im Interview berichtet Herr Frauendorf, wer das Beratungstelefon in Anspruch nimmt und welche Fragen die Ratsuchenden haben. Aus seinen Erfahrungen schlussfolgert Herr Frauendorf, was es seiner Meinung nach braucht, um den Beruf der Erzieherin bzw. des Erziehers bei jungen Menschen sowie Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern attraktiver zu machen.

Was leistet die Beratungsstelle? Was ist das Besondere an ihr?

„Wir beraten interessierte Personen per Mail oder telefonisch zu all ihren Fragen auf dem Weg hin zu einer Ausbildung oder einem Studium im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Das Besondere an der Beratungsstelle ist, dass wir für jede Person, die mit uns in Kontakt tritt, ein persönliches und individuelles Beratungsangebot gewährleisten. Dabei spielt unter anderem der Wohnort eine große Rolle, denn die Einstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten können innerhalb der Bundesländer variieren. Wir schauen uns mit der Person gemeinsam die Rahmenbedingungen im Bundesland an. Wir prüfen aber auch, ob im benachbarten Bundesland ein für die Person passenderes Angebot besteht, beispielsweise im Hinblick auf Zugangsvoraussetzungen, Ausbildungsmodelle und Finanzierungsmöglichkeiten. Dabei verstehen wir uns als unabhängige Beratungsstelle, die unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten und Wünsche der Person zum Beispiel zwischen Ausbildung und Studium abwägt. Zusätzlich stellen wir auf der Webseite Frühe Chancen Informationssammlungen bereit, die bundesländerspezifisch viele Fragen zum Einstieg oder Wechsel in den Beruf beantworten. Alle ein bis zwei Monate aktualisieren wir die Informationssammlungen und integrieren Themen, die zwischenzeitlich in der Beratung besonders häufig aufkamen."

Wer nimmt das Beratungstelefon in Anspruch und welche Fragen werden häufig gestellt?

„Das Beratungstelefon richtet sich an Zielgruppen, die genauso vielfältig sind wie der Beratungsbedarf, den sie mitbringen. Häufig rufen bei uns im Beratungstelefon Personen an, die an einem Quereinstieg in die Ausbildung interessiert sind. Wir beraten Schulabgängerinnen und Schulabgänger, Personen mit fachnahem Studium wie auf Lehramt Studierende, Ministerien, Gewerkschaften oder Abgeordnete. Wir kennen gute Praxisbeispiele und Umschulungsmöglichkeiten in den Bundesländern. Wir sind aber beispielsweise auch mit den kommunalen Strategien zur Fachkräftegewinnung vertraut. Das ist der Grund, warum sich an uns nicht nur interessierte Einzelpersonen, sondern auch politische Institutionen und Behörden wenden. Personen, die sich für eine Ausbildung oder ein Studium in der frühen Bildung interessieren, haben häufig Fragen zu den Ausbildungsmodellen sowie Zulassungsvoraussetzungen. Auch die Finanzierungsmöglichkeiten einer Ausbildung oder eines Studiums werden sehr häufig im Beratungstelefon nachgefragt. Diese sind bei der Entscheidung für oder gegen eine Ausbildung beziehungsweise ein Studium hochrelevant. Keine andere Stelle berät so umfangreich wie wir dazu. Interessierte Personen erhalten bei uns auch Informationen darüber, wie sie eine Berufsfachschule, Fachschule und Praxisstelle in ihrer Nähe finden. Wir geben ihnen Einblicke in die gesetzlichen Grundlagen sowie Personalverordnungen, nennen für sie relevante Anlaufstellen und geben ihnen mit auf den Weg, welche Fragen sie wo stellen können."

Worin sehen Sie die größten Hürden bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräften? Was braucht es, um den Beruf bei jungen Menschen sowie Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern attraktiver zu gestalten?

„Ich bin seit fast sieben Jahren als Berater im Berufsfeld der frühen Bildung tätig. Meiner Meinung nach sind viele Bundesländer auf einem sehr guten Weg, attraktivere und auch besser finanzierbare Ausbildungsmodule zu schaffen. Leider ist es vielerorts weiterhin Glückssache, ob einzelne Personen aufgrund ihrer regionalen Verortung sowie den privaten Lebensumständen die Möglichkeit auf eine Aus- oder Weiterbildung oder ein Studium erhalten. Vor allem für Mütter, Väter oder Pflegende kommt eine vollzeitschulische Ausbildung häufig nicht in Frage. Auch eine nicht vergütete Ausbildung stellt diese Zielgruppe aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen vor besondere Herausforderungen. Es fehlt an einem flächendeckenden, bundesweiten Angebot an vergüteten sowie teilzeitschulischen Ausbildungen. Eine entsprechende Anpassung der Ausbildungsmodalitäten an die Lebensumstände dieser Menschen wäre eine Wertschätzung für ihre wertvolle Care-Arbeit. Auch die Informationsweitergabe, insbesondere über die einzelnen Schulen und Bundesländer hinweg, könnte meinem Empfinden nach verbessert werden. Die Berufsfachschulen und Fachschulen sind als Beratungsstellen beauftragt. In Deutschland erfolgt nur in Hamburg durch die zentrale Anmeldeschule eine Beratung zu allen Ausbildungsmodalitäten im Bundesland. In anderen Bundesländern beraten die Schulen häufig nur zu ihren eigenen Modellen, die an weiteren Schulen in der Region ganz anders konzipiert sind. Die Schulen sollten unbedingt Informationen zu den Finanzierungsmöglichkeiten bereitstellen. Das Aufstiegs-BAföG (AFBG) ist beispielsweise für viele potenzielle Fachkräfte unheimlich attraktiv – leider fehlen vielerorts die Infos dazu.

Wir freuen uns sehr darüber, wenn Schulen oder andere Anlaufstellen bundesweit auf unser Beratungsangebot aufmerksam machen."

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