Videografie

Eine Methode zur Professionalisierung und Unterstützung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung

Den Kita-Alltag zu beobachten und zu dokumentieren gehört zu den Grundlagen der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung. Die Methode Videografie ermöglicht es, mithilfe kurzer Videosequenzen das eigene pädagogische Handeln zu reflektieren und die Kinder systematisch beim Spracherwerb zu begleiten.

Dokumentation, Analyse und Reflexion des Kita-Alltags

Auch wenn es für pädagogische Fachkräfte zunächst ungewohnt ist zu filmen, lohnen sich Mut und Offenheit für diese Methode. Videografie bietet viele Vorteile. Per Video lassen sich schnell verfliegende Augenblicke festhalten und sie zu einem späteren Zeitpunkt besprechen. Anhand verschiedener Leitfragen werden die Videosequenzen analysiert, zum Beispiel: Was zeigt uns das Kind? Was zeigt uns die Fachkraft? Was bietet eine bestimmte Alltagssituation an Potenzial für die alltagsintegrierte sprachliche Bildung?

Positiver Einfluss auf sprachpädagogisches Handeln des Teams

Wenn Videografie systematisch und regelmäßig eingesetzt wird, kann sie sich positiv auf das sprachpädagogische Handeln des Teams und dessen Fähigkeit zum kollegialen Austausch auswirken. Durch das Besprechen der Videosequenzen werden die pädagogischen Fachkräfte außerdem dazu motiviert, ihre Arbeit verstärkt zu analysieren und zu reflektieren. Die Erkenntnisse der Methode können auch die für die Zusammenarbeit mit Familien genutzt werden und Impulse für die Sprachentwicklung zuhause geben.

Hinweis:

Bei der Nutzung von Videografie ist besonders auf den Datenschutz zu achten. Weitere Informationen finden sich in den FAQs zur Videografie.

„Die Methode Videografie zoomt im wahrsten Sinne des Wortes in den Kita-Alltag hinein.“

Interview mit Eva Born-Rauchenecker

Dr. Eva Born-Rauchenecker arbeitet beim Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. Sie beschäftigt sich dort mit der sprachlichen und kognitiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, aber auch mit früher Bildung im MINT-Bereich. Zu ihrer Arbeit beim DJI gehört es, Qualifizierungskonzepte für Fachkräfte in Kindertagesstätten zu entwickeln. In diesem Rahmen beschäftigt sich Frau Born-Rauchenecker auch mit der Methode Videografie und wie sie für die Aus- und Weiterbildung genutzt werden kann. Im Interview berichtet sie, was es bringt, Alltagssituationen zu filmen und wie das zur Professionalisierung des Kollegiums beitragen kann.

Videografie – was ist unter diesem Begriff überhaupt zu verstehen?

Videografie bedeutet in Bezug auf die Kindertagesbetreuung, Situationen aus dem Kita-Alltag aufzuzeichnen, diese Aufnahmen später heranzuziehen und die pädagogische Arbeit zu analysieren und zu reflektieren. Das Aufnehmen selbst - beispielsweise mit einem digitalen Camcorder - ist nur ein kleiner Zwischenschritt. Im Vordergrund steht die videogestützte Analyse und Reflexion.

Welche Chancen bietet die Videografie speziell für die alltagsintegrierte sprachliche Bildung?

Zunächst ist sie für mich ein Instrument für die individuelle berufliche Weiterentwicklung. Sie kann auch die sprachpädagogische Arbeit unterstützen, zum Beispiel im Hinblick auf die Beziehungsgestaltung zwischen Kind und Fachkraft oder auf die Unterstützung von Sprachbildungsprozessen. Bereits das Aufzeichnen mit einer gezielten Beobachtungsfrage ist ein erster professioneller Schritt. Diese Fragen können sich an den Ebenen orientieren, mit denen in den Sprach-Kitas gearbeitet wird: das sind die Ebene Kind, die Ebene Fachkraft oder die Ebene Situation. Die Fragen können relativ eng gestellt sein. Nehmen wir beispielsweise an, wir möchten das Miteinander eines eher neuen Kindes in der Einrichtung mit den anderen Kindern beobachten. Da kann man fragen: Wie kommt zum Ausdruck, dass es mitspielen möchte? Oder: Welche Mittel stehen ihm zu Verfügung, das gemeinsame Spiel zu gestalten? Das können auch größere Fragen sein, beispielsweise in einer Freispielsituation: Welche Interaktionen lässt die Situation überhaupt zu? Wie bringt sich die Fachkraft ein? Was machen die Kinder? Welches Sprachbildungspotenzial steckt in dieser Freispielsituation? Viele Brettspiel bieten außergewöhnlich viel Sprachpotenzial, wenn man beispielsweise Spielfelder abzählen, kleine Gegenstände sammeln oder die Gültigkeit von Regeln diskutieren muss. Die Analyse solcher Situationen bietet die Möglichkeit herauszuarbeiten, wie das Sprachpotenzial genutzt wird und ob man es eventuell noch ausbauen kann.

Manche Erzieherinnen und Erzieher haben Hemmungen sich filmen zu lassen. Wie lassen sie sich vielleicht doch überzeugen, es mal auszuprobieren? Welche Vorteile bietet die Methode überhaupt für die pädagogischen Fachkräfte?

Aus der Praxis wissen wir, dass Überredung hier keinen Sinn macht. Das Filmen von Personen berührt Persönlichkeitsrechte, deshalb braucht es Vertrauen innerhalb des Kita-Teams und vor allem auch zur Leitung. Lust auf die Methode kommt von selbst, wenn man sich zunächst Videomaterial von anderen Einrichtungen und Fachkräften anschaut. Dazu gibt es bereits einige DVDs im Handel, auch online gibt es ausgezeichnete Videoszenen. Im nächsten Schritt braucht es Pionierinnen und Pioniere von innen. Das können zum Beispiel die zusätzlichen Fachkräfte mit Expertise im Bereich sprachliche Bildung sein, die sich aufnehmen lassen und die Szenen in einer Teamsitzung diskutieren. Sollte es Teammitglieder geben, die nicht mit der Methode arbeiten wollen, müssen klare Absprachen getroffen werden, zum Beispiel wer die Aufnahmen sehen und besprechen darf. Das Team muss sich dann darüber einigen, wie es vorgehen will. Hier ist, wie so oft, Transparenz wichtig. Und Offenheit. Und Kreativität – alternativ können zum Beispiel kurze Dialog-Mitschriften entstehen, die ebenso gemeinsam besprochen werden können. Auch eine reine Audio-Aufzeichnung, eventuell ergänzt durch ein Foto der Situation, kann die eigenen Stärken in der Sprachbildungsarbeit klar machen. Denn um die geht es ja, um die Stärken, um ein „Mehr davon“.

Ich glaube, letztendlich kommt die Überzeugung, wenn man den Erfolg sieht. Durch Videografie schärfen die Fachkräfte nicht nur ihre Fähigkeit zur gezielten Beobachtung, sondern erreichen einen echten Erkenntnisgewinn: Sie wissen mehr über das Kind, können die Sprachentwicklungsprozesse schneller erkennen und gewinnen Sicherheit in der Querschnittsaufgabe sprachliche Bildung. Wenn sich ein Team einzelne Szenen anschaut und sich kompetenzorientiert darüber austauscht, kommt der Prozess in den Fluss.

Was bringt die Methode, was die reine Beobachtung und der kollegiale Austausch im Team nicht kann?

Videografie erlaubt es, Szenen langsamer, in Zeitlupe und in Form von Standbildern zu betrachten. Vor allem erlaubt sie, die Szenen immer wieder unter einer neuen Fragenstellung anzuschauen. So kann man genau analysieren, auf welchen Ebenen was passiert ist. Über die Reflexion klärt sich, ob solche Situationen in Zukunft anders gestaltet werden wollen. Das gemeinsame Besprechen im Team korrigiert auch Wahrnehmungsverzerrungen. Subjektive Erinnerungen an eine Situation werden auf eine Faktenbasis gestellt. Ein großer Gewinn liegt für mich darin, dass bei einer Situation mit mehreren Kindern bei der Reflexion die Perspektiven der einzelnen Kinder eingenommen werden können: Wie hat sich welches Kind eingebracht?

Insgesamt sind natürlich die Aufgaben in einer Einrichtung enorm umfangreich; eine Methode kann selbstverständlich nicht für alles als Unterstützung herhalten. Die Methode eignet sich meines Erachtens besonders für die Team-Entwicklung im Bereich alltagsintegrierte sprachliche Bildung bzw. allgemein zur Weiterentwicklung als Bildungsinstitution. In Teams können sich Kulturen entwickeln, die das Handeln der einzelnen Fachkräfte stark beeinflussen. Das kann auch und gerade die Sprache, das sprachliche Miteinander sowie die Sprachbildungsarbeit betreffen.

Welche Szenen eignen sich für die Methode und welche nicht?

Besonders gut eignen sich kurze, positive Szenen, die keine lange Analyse brauchen. Lange Szenen mit vielen Kindern wie beispielsweise das gesamte Frühstück oder auch Konfliktsituationen sind nicht so gut geeignet. In jeder Besprechung sollte das Positive im Vordergrund stehen.

Wie sieht ein typischer Ablauf aus und was müssen die Fachkräfte dabei beachten?

Zunächst braucht es eine Teamentscheidung. Auch wenn nicht alle Fachkräfte mitmachen, sollten alle Teammitglieder informiert sein und sich eingeladen fühlen. Dann wären die Verantwortlichkeiten zu klären. Jemand muss zum Beispiel die Einverständniserklärungen der Eltern einholen. Dann gibt es die Organisation rund um die Technik: Sind alle notwendigen Geräte vorhanden? Es muss abgesprochen werden, wer die Datenverwaltung übernimmt, wo die Aufzeichnungen gespeichert und gelagert werden. Schließlich braucht es eine Zeiteinheit, in der die Aufnahmen angeschaut werden. Dabei würde ich den einfachsten Weg gehen und sagen: „Wir nehmen nur genau so viel auf, wie wir auch anschauen können.“ Ansonsten entsteht schnell Frust und das Gefühl, nicht alles schaffen zu können. Der Spaß darf nicht verloren gehen. Man muss sich eingestehen, dass zumindest in der Anfangsphase andere Aufgaben wegfallen werden, wie zum Beispiel die Fotoentwicklung vom Ausflug oder aufwändige Feiern mit Eltern.

Welche Rahmenbedingungen braucht es (zum Beispiel besondere Ausbildung, Ausstattung mit Kamera, personelle und zeitliche Ressourcen)?

Neben der Zeit für die Aufnahmen und die Besprechungen sind ein Datenschutzkonzept und die Einverständniserklärungen der Eltern wichtige Voraussetzungen. Ich habe den Eindruck, dass Fotografieren und Filmen in Zeiten des Smartphones nicht mehr so speziell sind und die pädagogischen Fachkräfte für die technischen Aspekte keinen großen Unterstützungsbedarf haben. Die zusätzliche Fachkraft in den Sprach-Kitas oder die Fachberatung können dabei unterstützen, die Erkenntnisse aus den Videosequenzen an den theoretischen Input und entwicklungspsychologische Grundlagen rückzukoppeln.

Können Sie ein Beispiel nennen? Wie wurde die Videografie in einer Kita eingesetzt? Was wurde gefilmt und was hat dies bewirkt?

Eine Szene hat mich besonders berührt. In der Kita wurde die Methode Videografie gerade eingeführt und die Sprachexpertin hatte den neuen Camcorder zum ersten Mal in der Hand, sie startet wohl eher zufällig die Aufnahme. Ein etwa vierjähriger Junge mit Deutsch als Zweitsprache kannte offensichtlich solche Geräte und hat mit seiner Hand immer diese Aufklappbewegung des Bildschirms vorgemacht und schließlich, da die Sprachexpertin zunächst in die Technik so vertieft schien, ihren Namen gerufen. In der Aufnahme konnte man die ganzen Grundkompetenzen der Kommunikation erkennen: das Anschauen, das Bemühen um Augenkontakt, das offene Lächeln und die Handbewegung – alles drückte aus: „Schau her, ich zeig dir, wie es geht!“. Das war für mich wieder ein Beispiel dafür, dass Sprache - wie es im Konzept der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung formuliert ist - diesen weiten Blick fordert. In so einem Moment kann man über das gemeinsame Thema mit sprachlicher Bildungsarbeit ansetzen, also hier die Bewegung des Jungen sprachlich begleiten. Das ist etwas, das direkt beim Kind ankommt. Die Szene ist für mich ein Beispiel für eine bedeutungsvolle Situation für die Beteiligten. Deswegen mochte ich die Situation so gerne. Sie zeigt deutlich, wie viel Sprachkompetenzen die Kinder mitbringen und wie das Sprachbildungspotenzial der Situation genutzt werden kann. In diesen kleinen, alltäglichen Gesprächen wird Sprache aufgebaut.

Für was können die Ergebnisse noch genutzt werden?

Die Methode zoomt im wahrsten Sinne des Wortes in den Kita-Alltag hinein und ruft viele positive Begleitprozesse hervor. Die ausgelöste Reflexion stärkt das Besinnen auf die eigentlichen Aufgaben und lenkt die Aufmerksamkeit auf die alltäglichen Situationen in der Kita und deren Bildungschancen.

Videografie ist außerdem ein wunderbares Instrument für die Zusammenarbeit mit den Familien. Für die pädagogischen Fachkräfte ist es eine Chance, damit die eigene Professionalität zu zeigen. Sie können im Elterngespräch kurze Szenen vom Kind zeigen und diese fundiert kommentieren. So zeigen sie den Eltern, wie sie auf das Kind eingehen, um es in seiner Sprachentwicklung zu begleiten. Das macht Eindruck und stärkt sowohl das Selbstvertrauen und auch das Vertrauen zwischen Kita und Eltern. Das ist durch andere Beobachtungsmethoden schwieriger zu schaffen. Es ist wichtig, dass sich die Kitas als Bildungsinstitutionen begreifen und das nach außen deutlich machen.

Wo finden Kitas weitere Informationen zur Videografie?

Im Projekt „Lerngelegenheiten für Kinder bis 4“ der Bildungsdirektion des Kantons Zürich sind viele Videoszenen entstanden, durch die Fachkräfte einen Einstieg in die Videografie finden können. Das Materialpaket „Die Sprache der Jüngsten entdecken und begleiten“ des Deutschen Jugendinstituts (DJI) bietet Instrumente zu Beobachtung und Dokumentation von Kindersprache sowie Leitfäden zur Reflexion. Dörte Weltzien hat den Fragebogen „GInA“ (Gestaltung von Interaktionsgelegenheiten im Alltag) entwickelt und die DVD „Momente gestalten – Dialoge in Kitas“ herausgegeben. Beides ist online abrufbar. Wer sich zum Thema eingehender informieren möchte, findet im von Klaus Fröhlich-Gildhoff und anderen herausgegebenen Sammelband „Kompetenzentwicklung und Kompetenzerfassung in der Frühpädagogik“ ein spannendes Kapitel zur Analyse von Videosequenzen.


FAQs zum Thema Videografie

Videografie ist eine Beobachtungs- und Reflexionsmethode. Zunächst werden kurze Sequenzen aus dem Kita-Alltag mit einer Videokamera gefilmt. Die Methode erlaubt, pädagogische Alltagssituationen zu einem späteren Zeitpunkt, in einem selbst bestimmbaren Tempo, allein oder aus der Perspektive mehrere Kolleginnen und Kollegen für die Analyse und Reflexion heranzuziehen. Videografie ermöglicht differenziertes und systematisches Beobachten, Analysieren und Reflektieren. Sie erweitert die eigene Perspektive, indem die pädagogische Fachkraft ihre Sprachbildungsarbeit „von außen“ betrachten kann.

Videografie kann dabei helfen, sich darüber bewusst zu werden, wie wir mit anderen sprechen und umgehen. In Bezug auf die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit können pädagogische Fachkräfte das Potenzial bestimmter Situationen für die sprachliche Bildung erkennen und besser im Alltag nutzen. Videosequenzen können jedoch auch als Begründungen für bestimmte Anschaffungen oder beispielsweise für Forderungen nach größeren Räumen gegenüber dem Träger genutzt werden. Auch Fallgespräche im Team lassen sich gut mit kurzen Videosequenzen einleiten. Das Videomaterial kann außerdem als Grundlage für Elterngespräche dienen. Es bietet den Eltern einen unmittelbareren Einblick in den Kita-Alltag. Darüber hinaus können Fachkräfte bei der Besprechung einer Videoszene ihre Kompetenz im Bereich sprachlicher Bildung demonstrieren und sich den Eltern als professionelle Ansprechpartner bei Fragen zum Thema Sprache anbieten.

Um Videoszenen aufzunehmen, braucht es eine Kamera mit Video-Funktion oder einen Camcorder. Für die Aufnahmen sollten keinesfalls internetfähige Geräte oder private Smartphones verwendet werden! Je nach räumlichen Voraussetzungen ist ein externes Mikrofon für eine gute Audioqualität notwendig. Zum Speichern der Videosequenzen eignen sich Speicherkarten. Um größere Dateien zu speichern, lassen sich gut externe Festplatten nutzen. Die Videosequenzen können auf einem Laptop oder PC abgespielt werden. Je nach Ausstattung ist ein externes Kartenlesegerät notwendig. Ist kein Raum vorhanden, in dem Aufnahmen ungestört angeschaut werden können, sollten Kopfhörer verwendet werden. Fortgeschrittene können Software nutzen, um die Videos zu bearbeiten oder zu schneiden.

Die Aufnahmen sollten stets in einem abschließbaren Schrank aufbewahrt werden (siehe Datenschutz). Ein fester Standort für die technische Ausrüstung erlaubt es allen Teammitgliedern, schnell Zugriff darauf zu haben.

Was sind die ersten Schritte?

Es gilt behutsam vorzugehen, kleine Schritte zu machen. Die Teilnahme ist freiwillig, nicht alle Teammitglieder müssen direkt einsteigen. Ein sicherer Rahmen und eine vertrauensvolle Atmosphäre sind die Voraussetzung.

Es ist wichtig, Strukturen und Routinen zu schaffen: Wann ist ein guter Zeitpunkt, Videosequenzen aufzunehmen, und wann ist ein guter Zeitraum, diese zu besprechen? Ideal ist es, einen festen Tagesordnungspunkt in Teambesprechungen dafür festzulegen. Vor dem ersten Testlauf können konkrete Ziele vereinbart und geklärt werden, welche Fragen analysiert werden sollen.

Für die Besprechung wird das Gelungene in den Blick genommen und kompetenzorientiert analysiert. Für die Analyse eignen sich Leitfragen aus Beobachtungs- und Reflexionsbögen (beispielsweise vom Deutschen Jugendinstitut).

Nicht alle pädagogischen Fachkräfte fühlen sich sofort mit der Methode Videografie wohl, schließlich ist es zunächst ungewohnt, sich filmen zu lassen. Veröffentlichtes Material hilft, sich mit der Methode bekannt zu machen. Es ist nicht notwendig, dass sich sofort das gesamte Team filmen lässt. Zunächst können einige Pioniere beginnen, das kann zum Beispiel die zusätzliche Fachkraft mit Expertise im Bereich sprachlicher Bildung in den Sprach-Kitas sein. Oft überzeugen die Ergebnisse weitere pädagogische Fachkräfte, die den Vorteil für ihren Arbeitsalltag erkennen.

Am besten eignen sich Szenen, die für die Kinder bedeutungsvoll sind, in denen sie eigenaktiv und engagiert handeln, denn hier kann man die Rolle von Sprache am besten erkennen. Das kann zum Beispiel die Aushandlung sein, wer als nächstes schaukeln darf. Oder das gemeinsame Spiel in der Bauecke. Oder auch der Stuhlkreis, in dem von den Erlebnissen des Wochenendes berichtet wird. Am Anfang eignen sich besonders abgegrenzte Szenen wie die Bilderbuchbetrachtung oder eine Brettspielsituation. Dafür muss die Kamera nicht bewegt werden. Dabei haben sich kurze Szenen bewährt, schon wenige Minuten bieten viel Material für die Analyse und Reflexion.

Die Länge der Videosequenzen orientiert sich am Erkenntnisinteresse. Es hat sich bewährt, eher mehrere kurze Szenen von ein bis zwei Minuten aufzunehmen, so erspart man sich die Arbeit zu schneiden. Grundsätzlich gilt die Faustregel: Man sollte nie mehr aufnehmen, als man besprechen kann!

Die Szenen werden zunächst auf der Speicherkarte im Aufnahmegerät gespeichert. Am PC lassen sich die Szenen auswählen, die gespeichert und später analysiert werden sollen. Nicht gewählte Szenen am besten direkt löschen. Ein eingängiger, klarer Dateiname ist von Vorteil, zum Beispiel Datum_Situation_Initialen des Kindes. Nach dem Speichern auf einer externen Festplatte können die Daten auf der Speicherkarte des Aufnahmegeräts gelöscht werden.

Die Speicherdauer sollte im Datenschutzkonzept festgelegt werden. Die Aufnahmen sollten spätestens gelöscht werden, wenn das Kind die Einrichtung verlässt. Vor dem Löschen: Viele Eltern freuen sich über Aufnahmen als Erinnerung, deshalb können sie auch gefragt werden, ob sie diese bekommen möchten.

Anfangs wird die Kamera die Aufmerksamkeit der Kinder wecken – schließlich ist es auch für die Kinder eine ungewohnte Situation. Die Kamera wird zunächst ein eigener Gesprächsanlass sein, in dem nicht nur die Kamera selbst den Kindern gezeigt werden kann, sondern auch erklärt wird, wozu das Kita-Team sie nutzen möchte. Nach regelmäßigen Einsätzen werden die Kinder die Kamera bald nicht mehr beachten. Neben den größeren Stativen gibt es auch etwa handgroße Stative, die sich flexibel befestigen lassen.

Zunächst sollten sich die Analysefragen auf die Kinder und nicht auf die Fachkräfte beziehen. Hier können zum Beispiel verschiedene Gesprächsformen untereinander oder der Entwicklungsstand der Kinder im Fokus stehen.

Sind die pädagogischen Fachkräfte mit der Videografie vertraut, kann der Blick auch auf ihre Sprachbildungsarbeit gerichtet werden. Szenen können anhand einiger Leitfragen analysiert werden, beispielsweise: Sind die Fachkräfte zugewandt und aufmerksam? Agieren sie auf Augenhöhe mit dem Kind? Wichtig ist ein stärkenorientierter Blick auf das eigene Verhalten und das Verhalten der Kolleginnen und Kollegen. Im Qualifizierungsmaterial des Deutschen Jugendinstituts „Die Sprache der Jüngsten entdecken und begleiten“ finden sich Orientierungsleitfäden zur Analyse.

Links und Downloads

Allgemeine Informationen

Videoarbeit in KiTas
Informationen des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung zum Thema Videografie.
www.nifbe.de > Themensammlung

Datenschutz

Datenschutz in Kitas
Die aktualisierte Broschüre „Datenschutz in Kitas“ des Landes Baden-Württemberg bietet Informationen rund um das Thema Datenschutz, unter anderem wird der Einsatz von Videografie thematisiert. Sie ist in vielen Sprachen verfügbar.
www.kindergaerten-bw.de

Beobachtung und Dokumentation - Anmerkungen zum Datenschutz in Kindertagesstätten
Informationen der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht (LDA) des Landes Brandenburg
mbjs.brandenburg.de/media_fast/6288/beobachten_und_dokumentieren.pdf

Datenschutz in Kitas - Ein Praxisleitfaden für Kitas in öffentlicher Trägerschaft
Der Flyer wurde vom Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rhein-land-Pfalz sowie dem Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz herausgegeben.
kita.rlp.de/fileadmin/kita/04_Service/02_Datenschutz/Flyer_Datenschutz_in_Kitas.pdf

Material

„Ich sehe was - was siehst du?
40 Kurzfilme über frühkindliches Lernen im Alltag Die Filme zeigen, welche wertvollen Gelegenheiten zum Lernen der Alltag bietet und wie wichtig es ist, dass Kinder sie nutzen können. Jeder Kurzfilm kann in 13 Sprachen abgespielt werden.
www.kinder-4.ch

Dialoge in Kitas
Ministerium für Kultus Jugend und Sport Baden-Württemberg Stuttgart 2014. DVD, 93 Minuten
www.zfkj.de

Beobachtungs- und Reflexionsbogen: Gestaltung von Interaktionsgelegenheiten im Alltag (GInA)
Ziel des GInA-Bogens ist es, die systematische Auseinandersetzung mit Interaktionen zwischen einer Fachkraft und Kindern zu unterstützen.
www.beltz.de/fileadmin/beltz/kostenlose-downloads/9783779929994.pdf

Literaturempfehlungen

Best, Petra u.a. (Hrsg.) (2015): Qualifizierungsmaterial zum Konzept „Die Sprache der Jüngsten entdecken und begleiten" Multimediales Handbuch zum Einsatz in der Weiterbildung. verlag das netz.

Durand, Judith/Jooß-Weinbach, Margarete (2015): Das ist mir gar nicht bewusst gewesen. Mit Videografie das eigene Handeln reflektieren. In: TPS Leben, Lernen und Arbeiten in der Kita. H. 3, S. 30-31

Fröhlich-Gildhoff, Klaus u.a. (Hrsg.) (2014): Kompetenzentwicklung und Kompetenzerfassung in der Frühpädagogik. (Kapitel 4.3: Analyse von Videosequenzen) FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre.

Jampert, Karin u.a. (Hrsg.) (2011): Die Sprache der Jüngsten entdecken und begleiten. verlag das netz.

Jampert, Karin u.a. (Hrsg.) (2009): Kinder-Sprache stärken! Sprachliche Förderung in der Kita: das Praxismaterial. verlag das netz.

Weltzien, Dörte u.a. (2017): Gestaltung von Interaktionen – Ein videogestütztes Evaluationsinstrument. Manual. Beltz/Juventa.