Inklusion im Bundesprogramm ProKindertagespflege
Wie kann individuelle Bildung und Erziehung in der Kindertagespflege ohne Vorurteile gelingen? Und wie können Kinder, Eltern und Kindertagespflegepersonen in den verschiedenen Lebenslagen dabei bestmöglich unterstützt werden? Inklusion ist eines von sieben verbindlichen Themenfeldern im Bundesprogramm ProKindertagespflege: „Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“. Wie die geförderten Standorte im Bundesprogramm ProKindertagespflege mit dem Thema Inklusion umgegangen sind und welche Maßnahmen sie vor Ort umgesetzt haben, zeigt ein Blick auf den Standort Saarbrücken.
Regionalverband Saarbrücken
Der Regionalverband Saarbrücken ist einer von 48 geförderten Standorten im Bundesprogramm ProKindertagespflege und zählt rund 175 aktive Kindertagespflegepersonen. Julia Afgan ist pädagogische Mitarbeiterin des Bildungsträgers und zuständig für die Umsetzung des Bundesprogramms ProKindertagespflege. Die Koordinierungsstelle teilt sich Frau Afgan mit Elisabeth Scholten aus dem Jugendamt Saarbrücken. Im Bereich Inklusion hat sich der Standort auf drei wesentliche Maßnahmen konzentriert, die im Folgenden vorgestellt werden.
Durch Materialkoffer Vielfalt erfahren
Tätige Kindertagespflegepersonen im Regionalverband Saarbrücken können kostenlos Materialkoffer ausleihen und das Material einen Monat in der pädagogischen Arbeit mit den Kindern ausprobieren. Nach geeigneten Materialien für den Koffer hat Julia Afgan von der Koordinierungsstelle im Vorfeld intensiv recherchiert. Das Besondere, der Koffer enthält Material, um das Spiel- und Lernangebot für die Kinder möglichst vielfältig zu gestalten. Dazu gehören Spiele, Bücher und Musik für unter Dreijährige sowie Literatur zum Thema Diversität für die Kindertagespflegepersonen. Alle Materialien sind inklusiv und bedienen keine Vorurteile oder Stereotype, sondern bilden die Vielfalt der Welt und der Kinder ab. Die Kinder erfahren so beim Spielen mit Puppen oder Puzzeln ganz selbstverständlich, dass es vielfältige Familienkonstellationen, unterschiedliche Hautfarben, verschiedene Kulturen, Sprachen, Landschaften und Feiertage gibt. Außerdem erleben sie, dass Frauen und Männer jeden Beruf oder Sport ausüben können. Der Koffer dient den Kindertagespflegepersonen als Anregung für ihre eigene inklusive pädagogische Arbeit. Haben die Kindertagespflegepersonen die Materialien im Alltag erprobt und sind überzeugt, können sie sich diese für ihre Arbeit anschaffen.
Insgesamt drei solcher Koffer stehen den Kindertagespflegepersonen beim Regionalverband Saarbrücken zur Verfügung und die Nachfrage unter den Kindertagespflegepersonen ist groß. Beworben wird der Materialkoffer durch die zuständige Koordinierungsstelle beispielsweise auf Veranstaltungen, wie z. B. auf Vernetzungstreffen der Kindertagespflegepersonen. Auch andere Standorte sind bereits auf den Materialkoffer aufmerksam geworden und zeigen Interesse. Da der Materialkoffer so gut aufgenommen wurde, sind aktuell auch Materialkoffer zu den Themen Forschen oder Sprachbildung geplant.
Mit Weiterbildungen für Inklusion sensibilisieren
Mit freiwilligen Fortbildungen möchte der Regionalverband Saarbrücken Kindertagespflegepersonen für das Thema Inklusion sensibilisieren und bereits vorhandenes Wissen vertiefen. Die Fortbildungen werden in Kooperation mit einem weiteren Bildungsträger, dem SOS Kinderdorf, angeboten. Dieser bietet eine Inklusionsweiterbildung speziell für Kindertagespflegepersonen und den Krippenbereich an. Die Fortbildung umfasst 30 Unterrichtseinheiten, die an drei Samstagen absolviert werden können. Das Seminar ist kostenfrei, zudem erhalten die Teilnehmenden Weiterbildungsstunden. Ergänzend sind zwei eintägige Weiterbildungen zu den Themen „Jungen sind anders, Mädchen auch!“ und „Interkulturelle Wahrnehmung und Sensibilität“ geplant. „Dass Jungen gerne draußen toben, während Mädchen lieber mit Puppen spielen, ist leider noch ein häufig verankertes Vorurteil. Hier klärt das Seminar auf und schafft Bewusstsein für vorurteilsfreie Erziehung“, erklärt Julia Afgan von der Koordinierungsstelle. Auch geht es um Themen, wie Kindertagespflegepersonen verschiedene Kulturen mit einbeziehen können. „Werden nur christliche Feste gefeiert oder informiere ich mich bei den Eltern, welche Feste diese über das Jahr feiern? Werden auch mal Lieder auf anderen Sprachen angehört? Wichtig ist zudem, das eigene Verhalten und mögliche Vorurteile zu reflektieren und sich eigener möglicher Schubladen bewusst zu werden“, sagt Julia Afgan.
Beworben werden die Veranstaltungen über ein Weiterbildungsprogramm, das zum Jahresbeginn an alle Kindertagespflegepersonen verschickt wird, sowie über Werbung auf Veranstaltungen und über die Homepage des Trägers.
Befragung: Wie findet Inklusion in der Kindertagespflege bereits statt?
Viele Kindertagespflegepersonen arbeiten bereits inklusiv. Gemeinsam mit Frau Scholten von der Koordinierungsstelle möchte Frau Afgan herausfinden, was Kindertagespflegepersonen in ihrer pädagogischen Arbeit mit Blick auf den Bereich Inklusion an Unterstützung und Materialien noch benötigen. „Es geht vor allem darum zu gucken, wie Inklusion in den Kindertagespflegestellen bereits umgesetzt wird? Was hat sich im Alltag mit den Kindern bewährt? Was benötigen die Kindertagespflegepersonen, um sich weiter mit dem Thema Inklusion zu beschäftigen?“, erzählt Julia Afgan. Hierzu möchte Frau Afgan einzelne Kindertagespflegestellen besuchen und interviewen. Per Rundbrief werden die Kindertagespflegepersonen im Regionalverband Saarbrücken angefragt, wer freiwillig an der Befragung teilnehmen möchte. Die Ergebnisse der Befragung wertet Frau Afgan im Anschluss aus und fasst Beispiele guter Praxis in einem Leitfaden für Kindertagespflegepersonen zusammen. „So wird wertvolles Wissen geteilt und alle Kindertagespflegestellen können von guter Praxis profitieren“, sagt Julia Afgan. Die Befragung soll zudem Aufschluss geben, welche Weiterbildungen und welche (Info-)Materialien Kindertagespflegepersonen benötigen. Dadurch können zielgerichtete Angebote für Kindertagespflegepersonen im Bereich Inklusion gestaltet werden.