Tragende Säulen im Kita-Einstieg und voranschreitende Verstetigung im Kreis Segeberg
Gemeinsam Bedarfe analysieren und Angebote gestalten
Der Kreis Segeberg hat sich seit 2011 in vier Regionen aufgeteilt und verfügt über zwei öffentliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Das Bundesprogramm ist im Fachdienst Soziales, Jugend und Bildung angesiedelt. In der Fachstelle Kinderschutz und Qualitätsentwicklung übernimmt Dagmar Kristoffersen die Aufgaben der Koordinierungs- und Netzwerkstelle im Bundesprogramm. Die Angebote im „Kita-Einstieg“ erfolgen in Kooperation mit fünf Familienzentren, die sich in der Trägerschaft der Stadt Bad Segeberg, der Lebenshilfe Bad Segeberg und Umgebung gGmbH, der DRK Kindertagesstätten gGmbH, der Tausendfüßler Stiftung und der AWO Trappenkamp befinden.
Die Angebote im „Kita-Einstieg“ wurden von einem Planungsteam auf den Weg gebracht. Dazu gehörten Bildungs- und Jugendhilfeplanende, die Koordination Frühe Hilfen und die Familienzentren im Landkreis. Es wurden Daten zur demografischen Entwicklung, zu Wohnbedingungen, zur sozialen Infrastruktur sowie der Kitabedarfsplan betrachtet und ausgewertet. Dem Planungsteam war wichtig, Dopplungen bei Angeboten zu vermeiden. Darüber hinaus sollten die Angebote mit den anderen Kitas und Trägern abgestimmt und frühzeitig weitere Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner identifiziert werden. Ergänzend hat das Team die Elternbefragungen bei den Willkommensbesuchen ausgewertet. Diese hat ergeben, dass sich Eltern Orte für Begegnung und Austausch sowie Angebote und Spielmöglichkeiten für Kinder wünschten. Zudem äußerten sie Unterstützungsbedarf bei der Kita-Platz-Suche und den Wunsch nach einer Anlaufstelle, wo sie Beratung zu Erziehung ihrer Kinder erhalten.
Frühe Hilfen und Familienzentren als tragende Säulen
Im Kreis Segeberg docken die Kita-Einstiegsangebote an die Familienzentren und ihren Kitas an. „Eine kluge Entscheidung“, wie Dagmar Kristoffersen findet, denn hier herrscht ein vertrautes Miteinander und man trifft Eltern und Kinder, die gerne in die Kita kommen. Darüber hinaus sind die richtigen Ansprechpersonen oft gleich vor Ort. Und es gibt noch weitere Vorteile: Nicht zuletzt sind Familienzentren Orte der Vernetzung und ihre Koordinationskräfte Netzwerkexpertinnen und Netzwerkexperten, die in ihren Regionen und bei den Familien bekannt sind. Mit einer Vielzahl von Angeboten in den Familienzentren können Familien zielgenau in passende Angebote geleitet werden.
Darüber hinaus bieten die sozialräumlichen Strukturen im Kreis Segeberg bereits verschiedene Netzwerke. Alle acht vom Land geförderten Familienzentren im Kreis Segeberg sind auch Teil der Lokalen Netzwerkarbeit Frühe Hilfen. Damit brauchte für das Bundesprogramm kein weiteres Netzwerk gegründet werden, sondern es konnten bestehende Netzwerke genutzt, gestärkt und miteinander verwoben werden.
„Kita-Einstieg“ in Kalifornien
Durch die Corona-Pandemie fehlt es vielen Familien an Erholungs- und Freizeit, berichtet Ulrike Haeusler. Aus diesem Grund plante sie eine Familienfreizeit in Kalifornien. Gemeint ist aber nicht das Kalifornien an der Westküste Amerikas, sondern das gleichnamige Ostseebad in Schleswig-Holstein. Viel Strand gibt es auch hier. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen erkundigte sich Ulrike Haeusler in Kitas und Frauennetzwerken nach Familien mit kleinen Kindern, die Entlastung gut gebrauchen konnten. Mit fünf Müttern und ihren Kindern ging es dann schließlich vier Tage lang nach Kalifornien an die Ostsee. „Wir haben bewusst nur reduziert Angebote vorgehalten - mit den Kindern haben wir zum Beispiel Wichtelgläser gebastelt und T-Shirts und Taschen mit Stoffmalfarben bemalt“, berichtet Ulrike Haeseler. Der Strand vor der Tür bot mit Kescher und Sandspielzeug genug Raum für Kreativität und Bewegung, sodass die Bedürfnisse der Kinder ganz in den Fokus rückten.
Für Überraschung sorgten zwei Mitarbeitende des kooperierenden Frauennetzwerk zur Arbeitssituation e.V. aus Bad Segeberg, die am Abend anreisten und den Müttern ein besonderes Angebot machten - eine Mediation mit Entspannungsmusik und einer kleinen Massageeinheit.
"Das war alles sehr spannend, da die Familien ganz unterschiedliche Ausgangslagen und Erfahrungen mitbrachten. Unterschiedliche Migrationshintergründe, Bildungsstände und gewisse Unsicherheiten, wie man nun in dieser Situation mit dem eigenen Kind umgehen soll. Durch viele gemeinsame Unternehmungen, Gespräche und gegenseitige Inspiration sind sich alle etwas nähergekommen. Es ist schön zu wissen, dass die Eltern nun auch Ansprechpersonen vor Ort kennen, an die sie sich jederzeit wenden können."
Ulrike Haeusler, Fachkraft im „Kita-Einstieg
Eltern-Kind-Treffen im Fokus
In den drei Region Nord, Ost und West finden wöchentliche Eltern-Kind-Treffen an verschiedenen Standorten statt. Zum Beispiel in der Gemeinde Trappenkamp, die mitten im Wald liegt und eine Menge Inspiration und Anregung für Groß und Klein bietet. Ein weiterer Treffpunkt findet in der Gemeinde Rickling statt. Manche Eltern nehmen sogar an beiden Treffen teil. „Jedoch sind viele nicht so mobil, daher sind wir froh, dass wir die Angebote an zwei verschiedenen Standorten für alle gut zugänglich anbieten können“, berichtet die Kita-Einstiegskraft Helena Nickel. Darüber hinaus sind die Eltern häufig unsicher, welche Kita und welches Betreuungsangebot für ihre Kinder in Frage kommen. Die Kita-Einstiegskräfte beraten die Eltern bei ihren Entscheidungen und unterstützen sie beim Online-Anmeldeverfahren über das Kita-Portal in Schleswig-Holstein. Weitere Treffpunkte sind in Willingrade, Kaltenkirchen und Bad Segeberg angesiedelt. Alle Eltern-Kind-Gruppen werden durch ein Tandem betreut - also jeweils eine pädagogische Fachkraft und eine ausgebildete Kita-Lotsin mit Migrationshintergrund. „Es macht Spaß und ist eine tolle Bereicherung für die Region“, ergänzt Helena Nickel.
Auch das Familienzentrum in Wahlstedt bietet wichtige Unterstützung an: Nicht in den Räumen des Familienzentrums, sondern in einer nahegelegenen Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete. Wöchentlich findet dort im dafür eigens eingerichteten Spielzimmer ein Spiel- und Beratungsangebot für die dort lebenden Familien und Kinder statt. „Es wirkt wie eine große Wohngemeinschaft mit vielen Kindern zwischen 0 und 16 Jahren“, berichtet die Kita-Einstiegsfachkraft Günter Klinger. Die Familien erhalten hier wichtige Informationen über das System der Kindertagesbetreuung sowie über Zugangsmöglichkeiten. Auch die Frühen Hilfen sind mit Unterstützungsangeboten vor Ort. Zudem finden Sprachkurse, Frauentreffs und Spielangebote für Kinder zur Frühförderung statt. Unterstützung erhält Günter Klinger durch zwei arabisch sprechende Kitalotsinnen und eine pädagogische Fachkraft. Alle Angebote wurden sehr gut angenommen.
Die Ausbildung von Kita-Lotsinnen und Kita-Lotsen sowie die Qualifizierung von Fachkräften
Menschen mit Migrationshintergrund wurden in verschiedenen Modulen ein halbes Jahr zur Kita-Lotsin oder zum Kita-Lotsen ausgebildet. Die Teilnehmenden lernen dabei das frühkindliche Bildungssystem der Kitas kennen. Auch angrenzende Themen wie zum Beispiel Entwicklungsmeilensteine, Umgang mit Medien, Gesprächsführung, Gesundheit und Ernährung sind Bestandteil der Qualifizierung. Die bereits ausgebildeten Kita-Lotsinnen und Kita-Lotsen treffen sich alle zwei Monate, erweitern fortlaufend ihr pädagogisches Wissen und machen praktische Übungen. Ziel ist die Unterstützung und Beratung von Familien mit Fluchterfahrung und Migrationshintergrund, aber auch die Stärkung der Elternkompetenz. „Die Kita-Lotsinnen und -Lotsen sind eine wichtige Institution vor Ort“, erzählt Dagmar Kristoffersen. Sie werden von Kitas regelmäßig zur Unterstützung im Kita-Alltag angefragt.
Auch die pädagogischen Fachkräfte im gesamten Kreis Segeberg haben die Möglichkeit sich weiterzubilden. Es finden regelmäßig eintägige Fortbildungen statt, um das interkulturelle Wissen der pädagogischen Fachkräfte zu erweitern - zum Beispiel über Diversitätsbewusstsein oder vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung. Aber auch die Auseinandersetzung mit der eigenen pädagogischen Rolle sowie die Möglichkeit zur Fallberatung und zum fachlichen Austausch sind wichtige Bestandteile dieser Fortbildungsreihe.
Individuelles Coaching unterstützt bei der Verstetigung
Die ergänzenden Fördermodule im „Kita-Einstieg“ ermöglichen unter anderem auch die Unterstützung des Verstetigungsprozesses durch eine individuelle Projektbegleitung. Gemeinsam mit einer Coachin oder einem Coach können so individuelle Verstetigungsstrategien erarbeitet werden, die die regionalen Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen. So auch im Kreis Segeberg: Eine externe Referentin bietet Dagmar Kristoffersen und ihrem Team bei all ihren Vorhaben und Fragestellungen Unterstützung. Weil die Angebote für die Familien so wichtig sind, sollen die Familienzentren ab 2023 im Bereich des Kita-Einstiegs unterstützt und gestärkt werden. Zunächst schauen Politik und Träger gemeinsam gezielt darauf, welche Angebote sich bewährt haben und welche Möglichkeiten der weiteren Finanzierung es gibt. Mit der Coachin plant Dagmar Kristoffersen, was sie als Koordinierungs- und Netzwerkkraft dazu beitragen kann. Zum Beispiel der Lokalpolitik aufzuzeigen, welche nachhaltigen Erfolge durch die Kita-Einstieg-Angebote zu verzeichnen sind. Sicher ist, dass das Qualifizierungsangebot und die Koordinierungs- und Netzwerkstelle nach dem Auslaufen des Bundesprogramms mit kommunalen Mitteln finanziert werden. Ob auch die Eltern-Kind-Angebote verstetigt werden können, ist noch ungewiss. Es steht jedoch fest, dass die Verbindung zwischen Praxis, Verwaltung und Politik auch im Kreis Segeberg eine richtige Erfolgsgeschichte ist.
(Februar 2022)