„Unser Schwerpunkt liegt auf der individuellen Beratung und Begleitung“

Seit Oktober 2017 beteiligt sich der Saarpfalz-Kreis am Bundesprogramm „Kita-Einstieg“. Anlass dazu gab eine Angebotslücke für Kinder im Kita-Alter: Für den Zeitraum zwischen der Geburt und dem Eintritt in die Grundschule fehlte es an präventiven Angeboten zur Unterstützung von Familien mit Kindern, insbesondere jene, die noch keinen Zugang zum System frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung hatten. Martina Pyschny ist die Koordinierungs- und Netzwerkkraft im Saarpfalz-Kreis. Mit Beginn des Bundesprogramms stellte sie fest, dass im Landkreis insbesondere die Vermittlung von Kita-Plätzen eine Herausforderung darstellt, da das Vergabeverfahren noch nicht digital verwaltet wird. Die langen Wartelisten in den Einrichtungen können nur schwer aktuell gehalten werden, denn Familien melden sich meist bei mehreren Kitas an und melden nicht immer zurück, wenn sie bereits einen Platz in einer Kita bekommen haben.

Erstgespräch und Einzelfallberatung

Jessica Vogelgesang und Silvia Riehmer sind die beiden Kita-Einstieg-Fachkräfte im Saarpfalz-Kreis und die ersten Ansprechpartnerinnen für die Familien. Der Erstkontakt erfolgt meist am Telefon. Melden sich Familien mit Unterstützungsbedarf bei der Kita-Platzsuche, werden zunächst die wichtigsten Fragen geklärt: Wie viele Plätze werden benötigt? Wann soll das Kind in die Kita? Muss die Kita fußläufig erreichbar sein oder steht ein Auto zu Verfügung? Im Anschluss erhalten die Familien noch einmal alle wichtigen Information per E-Mail inklusive einer Schweigepflichtentbindung und einem Formular, in dem Wünsche und weitere Informationen angegeben werden. Beides ist für die darauffolgende Einzelfallberatung sehr wichtig, denn nur so können die pädagogischen Fachkräfte die Familien gut bei der Kita-Platzsuche unterstützen. Dazu gehört auch die Information darüber, welche finanzielle Unterstützungsleistungen es noch gibt (zum Beispiel Elterngeld, Wohngeld, Kinderzuschlag, Mittagsverpflegung oder die Übernahme von Beitragsgebühren). Natürlich unterstützen die Fachkräfte auch bei der Antragsstellung. „Wir arbeiten einzelfallbezogen und individuell mit den Familien zusammen“, berichtet Jessica Vogelgesang. Mit der Zeit sei ihr klar geworden, wie groß der Unterstützungsbedarf seitens der Familien ist. Häufig komme es aufgrund von Unwissenheit oder Sprachbarrieren zu Missverständnissen zwischen Eltern und Kitas und bei den Familien bestünden oft Hemmungen oder Unsicherheiten. „Damit alle Kinder die gleichen Chancen erhalten, ist es wichtig, dass Familien die Bedeutung frühkindlicher Entwicklung im Rahmen der Kindertagesbetreuung verstehen, dass sie über die entsprechenden Rahmenbedingungen aufgeklärt und gut bei der Suche nach einem Kita-Platz unterstützt werden“, führt sie weiter aus.

Der Kita-Einstieg im Jobcenter

Um Familien niedrigschwellig und wohnortnah erreichen und unterstützen zu können, beraten Jessica Vogelgesang und Silvia Riehmer regelmäßig in Kitas oder bei der Flüchtlingshilfe. Infolge guter Kooperation und Vernetzung findet zu festen Zeiten auch eine Beratung im Jobcenter statt. Etwa alle zwei Wochen sind Jessica Vogelgesang oder Silvia Riehmer im Jobcenter anzutreffen, um Eltern zu beraten und bei der Suche nach einem Kita-Platz zu unterstützen. Denn ist ein Platz gefunden, erleichtert es den Eltern auch die Vereinbarkeit von Familien und Beruf.

Die Unterstützung vor und nach dem Kita-Einstieg

Martina Pyschny und ihren Kolleginnen geht es bei ihrer Arbeit nicht nur darum, die Familien bei der Suche nach einem Kita-Platz unter die Arme zu greifen. Als besonders wichtigen Teil ihrer Arbeit betrachten sie auch den langfristigen Kita-Platzerhalt. Dazu gehört beispielsweise die Begleitung bei der Aufnahme in der Kita oder bei der Eingewöhnung, um ein gutes Ankommen in der Einrichtung sicherzustellen. „Zudem wissen viele Eltern zu Beginn nicht, dass sie einen Anspruch auf Kostenübernahme von Beiträgen für Kita-Plätze haben. Eine erfolgreiche Kostenübernahme kann eine große finanzielle Entlastung für Familien darstellen und den Kita-Platz langfristig sichern“, erklärt Jessica Vogelgesang. In der Kita angekommen, unterstützen die Kita-Einstieg-Fachkräfte auch bei (Krisen-)Gesprächen, oftmals gemeinsam mit Sprachmittlerinnen oder Sprachmittlern. „Es ist uns ein ganz großes Anliegen, dass die Kinder auch in der Kita bleiben können und die Zusammenarbeit aller Beteiligten langfristig gut funktioniert“, betont Martina Pyschny. Und zwar von der Aufnahme in der Kita bis zum Übergang in die Grundschule.

Für Kinder im Vorschulalter, die noch keine Kita besucht haben, wurde das Gruppenangebot „VorKis“ konzipiert. Ziel ist, die Kinder auch ohne Vorschuljahr in der Kita auf die Schule vorzubereiten und den Eltern Anregungen und Mittel für das Üben Zuhause zu geben. Dabei werden alle Bildungsbereiche des saarländischen Bildungsprogrammes angesprochen. Das Angebot „VorKis“ war als Präsenzangebot geplant und fand infolge der Corona-Pandemie als Online-Kurs statt.

Informationsangebote: Eltern erreichen und aufklären

Sowohl die Kindertageseinrichtungen als auch die Kita-Einstieg-Fachkräfte machen sich zur Aufgabe, Eltern mit allen notwendigen Informationen für einen guten Kita-Einstieg zu versorgen. Frau Pyschny und ihr Team entwickelten in Kooperation mit dem Bundesmodellprogramm „Starke Netzwerke Elternbegleitung für geflüchtete Familien“ und einer dort beteiligten Kita zu diesem Zweck die Broschüre „Wissenswertes rund um Kindergarten, Kindertagesstätte und Krippe“ in deutscher und arabischer Sprache. Diese beantwortet grundlegende Fragen rund um den Kita-Einstieg: Wann kann mein Kind in die Kita? Welche (Wechsel-)Kleidung braucht mein Kind? Wie gestalten sich Tagesablauf und Mahlzeiten? Um möglichst viele Eltern mit den relevanten Informationen zu versorgen, kooperiert das Kita-Einstiegs-Team mit allen Kitas im Landkreis. Über sie erhalten die Eltern bei Anmeldung ihres Kindes in der Kita den Flyer und die Broschüre.

Darüber hinaus werden die Eltern über die Kitas eingeladen, an der Informationsveranstaltung „Fit für die Kita“ teilzunehmen, die in regelmäßigen Abständen stattfindet. Dort werden Eltern Informationen zu allen wichtigen Themen rund um die Kita vermittelt, was den Übergang in die Kita für alle Beteiligten erleichtert. Mit der Corona-Pandemie wurde die Informationsveranstaltung ins Online-Format übertragen und ausgebaut. Hier gibt es nun verschiedene Module mit Erklärvideos, Checklisten und Verlinkungen zu Antragsformularen.

„Kita-Einstieg“ als Bindeglied in der Präventionskette

Durch bereits bestehende Kontakte und Netzwerke hat sich „Kita-Einstieg“ im Saarpfalz-Kreis schnell etabliert. Insbesondere die Kooperation mit den Kitas ist dabei ein wesentlicher Baustein der täglichen Arbeit. Im ganzen Landkreis gibt es 78 Kindertageseinrichtungen und mit allen steht das Kita-Einstieg-Team in Kontakt. Viele von ihnen hatten vermehrt Unterstützungsbedarf durch Fortbildung und Sprachmittlung, der nun durch „Kita-Einstieg“ gedeckt wird. Durch eine vierteljährliche Abfrage bei den Kitas verschaffen sich Martina Pyschny und ihre Kolleginnen eine Übersicht über die Betreuungsplätze im Landkreis. Wie viele freie Kita-Plätze stehen zu Verfügung? Wie viele Kinder stehen auf der Warteliste für das aktuelle Kita-Jahr? Befinden sich darunter Vorschulkinder ohne Kita-Platz? Diese regelmäßige Abfrage bildet die Grundlage, um den Familien und Kindern zu einem Betreuungsplatz zu verhelfen. Damit die dafür notwendigen Informationen unter den Familien, dem Kita-Einstieg-Team und den Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern ausgetauscht werden können, entwickelte das Kita-Einstieg-Team entsprechende Kontaktformulare mit Schweigepflichtentbindung. „Kita-Einstieg“ ist im Saarpfalz-Kreis so etabliert, dass keine aufsuchende Arbeit mehr nötig ist. „Wir sind das Bindeglied und schließen die Lücke im Präventionsnetzwerk“, fasst Martina Pyschny zusammen. Durch die Teilnahme an verschiedenen Netzwerktreffen wie dem „Netzwerk Prävention“ oder dem „Netzwerk ehrenamtliche Flüchtlingsbegleitung“ findet ein regelmäßiger Austausch mit Partnerinnen und Partnern wie dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), dem Jobcenter, Ehrenamtlichen, den Frühen Hilfen, Familienzentren, dem Gesundheitsamt, Schoolworkern und vielen anderen statt.

Die Erfolge von „Kita-Einstieg“ langfristig sichern

Bis Ende 2020 wurde im Saarpfalz-Kreis durch das Programm „Kita-Einstieg“ 528 Kindern Unterstützung geboten. Für viele wurde ein Kita-Platz gefunden oder gesichert. Andere konnten durch Hilfestellungen oder Vermittlung unterstützt werden. Martina Pyschny und ihre beiden Kolleginnen Jessica Vogelgesang und Silvia Riehmer erhalten vielfach positive Rückmeldung und möchten die kommende Zeit dafür nutzen, die Verstetigung von Programmelementen voranzutreiben. Perspektivisch soll eine Kita-Planerin oder ein Kita-Planer mithilfe digitaler Unterstützung die Vermittlung von Kita-Plätzen weiter begleiten.