Familiäre Atmosphäre durch individuelles Einrichtungskonzept

Kita "Färberhof" in Stendal: "Das Kindeswohl steht immer an oberster Stelle"

„Eltern, die im Schichtdienst, im medizinischen Bereich oder in der Altenpflege arbeiten, können sich hohe Beiträge für die Kinderbetreuung nicht leisten. Mit der Teilnahme im Bundesprogramm KitaPlus, wollen wir gerade diesen Familien bedarfsgerechte Betreuung ermöglichen“, erklärt Marika Mund, Geschäftsführerin und pädagogische Leitung der Kindertageseinrichtung „Färberhof“ ihre Motivation zur Bewerbung am Bundesprogramm. Viele Eltern sind Pendler nach Wolfsburg oder Berlin sowie selbstständige Unternehmer. Der Bedarf und die Nachfrage nach Kinderbetreuung außerhalb der gängigen Öffnungszeiten sind entsprechend groß: „Wir hatten schon seit mehreren Jahren Betreuungsmöglichkeiten am Abend und am Wochenende angeboten. Doch die Kosten dafür mussten wir als Träger und die Eltern alleine stemmen. Deshalb mussten wir das Angebot wieder einstellen. Durch die Förderung des Bundesprogramms können wir jetzt ein nachhaltiges Finanzierungskonzept entwickeln“, berichtet Marika Mund.

Kooperationspartner sind wichtig

Zur gelungenen Umsetzung trägt insbesondere auch die gute Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren vor Ort bei. „Neben dem Jugendamt spielt hier die Agentur für Arbeit eine ganz wichtige Rolle. Wir stehen im Austausch darüber, welche Personen keine Erwerbstätigkeit aufnehmen können, weil sie keine passenden Betreuungsmöglichkeiten finden. Oder auch, welche neuen Arbeitgeber es gibt, für die das Angebot interessant sein könnte“, so die Geschäftsführerin. Die Kooperation mit einzelnen Unternehmen sei jedoch sehr stark abhängig von den entsprechenden Personen. „Das Thema Fachkräftemangel haben zwar viele Unternehmer schon im Hinterkopf und sie wissen auch, dass familienfreundliche Maßnahmen wichtig sind, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und anzuwerben. Das bleibt aber meist theoretisch. Nur wenige beteiligen sich direkt an den Kosten für die Kinderbetreuung.“

 

Herausforderungen: Personal und Bürokratie

Obwohl das Angebot der erweiterten Öffnungszeiten erst seit Kurzem wieder angelaufen ist, besuchen bereits durchschnittlich fünf Kinder die Abend-Gruppe, am Samstag kommen ebenfalls fünf Kinder und am Sonntag zwei bis drei Kinder in die Einrichtung, die Teil eines Mehrgenerationenhauses ist. „Mit der Umsetzung des Konzeptes zur Öffentlichkeitsarbeit wird die Anzahl der Kinder die zu den erweiterten Öffnungszeiten betreut werden noch steigen. In Zukunft soll es dann auch eine Betreuung über Nacht geben“, erläutert Marika Mund die Pläne. Doch der Weg zu dem neuen Angebot war nicht ganz einfach. Denn nachdem die Einrichtung die Betriebserlaubnis für die erweiterten Öffnungszeiten beantragt hatte, musste sie die Auflagen von neun Fachämtern erfüllen. „Das war wirklich sehr viel Arbeit für uns, aber wir sind froh, dass wir das jetzt geschafft haben“, so die Geschäftsführerin. Eine bestehende Herausforderung sei es jedoch, geeignetes Personal zu finden. „Wir haben das Glück, dass es hier in Stendal eine Hochschule gibt und die Studierenden, die dort Pädagogik oder Kindheitswissenschaften studieren, gerne am Abend oder am Wochenende arbeiten wollen. Denn viele von ihnen haben auch schon eine Ausbildung als staatlich anerkannte Erzieherin oder staatlich anerkannter Erzieher gemacht. Pädagoginnen und Pädagogen, die in den erweiterten Öffnungszeiten arbeiten, sollten Nähe zulassen und geben können.“

Auf Bedürfnisse von Kindern und Eltern eingehen

Viel Wärme und Geborgenheit sollen nicht nur die Betreuungspersonen vermitteln, sondern auch die Räume ausstrahlen, in denen die Kinder betreut werden. Deshalb setzt die Kita „Färberhof“ auf ein Einrichtungskonzept, dass auf typische Kita-Möbel verzichtet und den Charme des Hauses mit kleinen Räumen und Fachwerk zur Geltung kommen lässt. „Wir möchten nicht, dass unsere Räume einen institutionellen Charakter ausstrahlen, sondern wir wollen eine familiäre Atmosphäre erzeugen, in der sich die Kinder wohlfühlen. Das ist unser Konzept für das ganze Mehrgenerationenhaus, mit dem wir eine Öffnung zum Gemeinwesen schaffen wollen“, erzählt die pädagogische Leiterin. Der wichtigste Aspekt für das Kindeswohl sei jedoch das Verhalten der Eltern: „Wenn die Eltern sich mit dieser Betreuungszeit nicht gut fühlen und nicht loslassen können, dann wird es schwierig. Deshalb ist für uns auch die Zusammenarbeit mit den Eltern sehr wichtig. Die Eingewöhnungszeit ist bei uns erst dann beendet, wenn das Kindeswohl sichtbar gegeben ist und es eine andere Bezugsperson annimmt“, erklärt Marika Mund das Eingewöhnungskonzept der Einrichtung. Einen besonderen Service bietet der „Färberhof“ für Kinder, die das Betreuungsangebot nur zu den erweiterten Öffnungszeiten wahrnehmen: „Wir haben einen Abhol- und Bringservice für die Kinder, die vorher in einer anderen Einrichtung betreut werden. Die Eltern arbeiten ja und können die Kinder daher nicht selbst zu uns bringen.“

Durch die kleinen Gruppen und die feste Bezugsperson fühlten sich viele Kinder so wohl, dass sie gerne auch an Tagen länger bleiben würden, an denen sie gar nicht bleiben müssen. „Bei vielen Kindern und vor allem bei Einzelkindern beobachten wir, dass sie die „Geschwisterkonstellation“ am Abend in der Kita sichtlich genießen.“