Diklusion? Mehr Teilhabe durch Digitalisierung

Mit knapp einem Jahr haben laut Umfragen die meisten Kinder bereits Umgang mit digitalen Medien. Sie kommen dementsprechend mit ersten Erfahrungen in die Kita. Das bedeutet, der Kita wird ein Bildungsauftrag im Bereich Digitalisierung zugesprochen: Sie muss Kinder befähigen mit digitalen Medien umzugehen. Gleichzeitig muss sie ihnen beibringen, ihre Rechte in der digitalen Welt zu kennen und zu schützen. Diese und viele weitere Aspekte der „Diklusion“ besprechen die Sprachheil- und Sonderpädagogin Dr. Claudia Wirts vom Institut für Förderpädagogik an der Universität Leipzig und Eva Reichert-Garschhammer, Abteilungsleitung beim Staatsinstitut für Frühpädagogik in München.

Aileen Wrozyna: Hallo und herzlich willkommen zum Gute-KiTa-Podcast der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung im Rahmen des Programms „Impulse für gute KiTa“. Mein Name ist Aileen Wrozyna und hier im Podcast geht es um gute Beispiele, erprobte Ansätze und Konzepte für den Kitaalltag und eine gute Kindertagespflege. Das Thema heute ist „Diklusion“. Im ersten Moment ein etwas sperriger Begriff. Dabei handelt es sich um ein zusammengesetztes Wort aus Digitalisierung und Inklusion. Die Digitalisierung hat auch längst in den Kitas Einzug erhalten und damit übernehmen die Einrichtungen einen wichtigen Teil der Vermittlung von Medienkompetenz. In der heutigen Folge des Gute Kita Podcasts klären wir unter anderem die Fragen, was genau Diklusion ist, wie Erzieher:innen in ihrer Arbeit damit in Berührung kommen und welche Tools es dafür gibt. Und dafür habe ich mir zwei Expertinnen eingeladen. Zum einen die Sprachheil- und Sonderpädagogin Dr. Claudia Wirts vom Institut für Förderpädagogik an der Universität Leipzig, zum anderen Eva Reichert-Garschhammer, Abteilungsleitung beim Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Herlich willkommen hier im Podcast.

Eva Reichert-Garschhammer: Danke!

Dr. Claudia Wirts: Vielen Dank.

Aileen Wrozyna: Frau Wirts, wenn wir von Diklusion reden, was ist damit eigentlich gemeint?

Dr. Claudia Wirts: Wie Sie schon ganz richtig gesagt haben, ist es eine Zusammensetzung aus den Begriffen Digitale Medien und Inklusion. Hier in Deutschland wurde der Begriff geprägt von der Kollegin Lea Schulz. Damit gemeint ist, dass beim Einsatz digitaler Medien in Kita und Schule immer der Aspekt der Inklusion mitgedacht werden sollte – mit den digitalen Medien auch Vielfalt, vielfältige, unterschiedliche Bedürfnisse von Kindern mit in den Blick genommen werden können, dürfen und sollen.

Aileen Wrozyna: Medienkompetenz ist ein wichtiges Stichwort. Warum ist es denn wichtig, alle Kinder in ihrer Medienkompetenz frühzeitig zu stärken und digitale Bildung in der Kita inklusiv zu gestalten?

Eva Reichert-Garschhammer: Ja, da gibt es einmal den ersten Punkt: Das ist die Tatsache, dass Kinder heute ganz selbstverständlich in einer digitalen Welt aufwachsen, wo digitale Medien, die den Alltag prägen, alle Lebensbereiche ständig und tiefgreifend verändern. Wir wissen, dass Kinder von Anfang an sehr fasziniert sind von digitalen Medien. Wir haben viele Eltern-Umfragen gemacht in mehreren Institutionen. Da ist herausgekommen, dass Kinder heute mittlerweile im Durchschnitt ein Jahr alt oder jünger sind, wenn sie erstmals das Smartphone oder Tablet ihrer Eltern und Geschwister aktiv nutzen. Kita-Befragungen von Eltern haben wieder gezeigt, dass die meisten Kinder im Krippenalter digitale Medienerfahrung mitbringen, wenn sie in die Kita kommen. Die Kinder bringen den Anspruch mit, dass ihre Rechte auf Schutz, Teilhabe und Befähigung in der digitalen Welt erfüllt werden. Damit kommt es jetzt zum digitalen Bildungsauftrag der Kita, bei der die Kita jetzt Verantwortung trägt: Sowohl die Medienerfahrung der Kinder als auch die Kinderrechte in der digitalen Welt aufzugreifen und die Kinder von Anfang an zu begleiten, mit Medien kreativ, kritisch, reflektiert und sicher umzugehen. Wir wissen aus der US-amerikanischen Forschung – dort setzen sie mehr als zehn Jahren digitale Medien in der Kita ein – dass Kinder Gelegenheiten vielfältiger Art brauchen, mit digitalen Medien aktiv umzugehen, um Medienkompetenz entwickeln zu können. Der Zusammenhang ist ähnlich eng wie bei der frühzeitigen Begegnung mit Büchern und Schrift, um Lese- und Schreibkompetenz zu entwickeln. Was Frau Wirts angesprochen hat: Wir wissen, dass digitale Medien Bildung generell und die digitale Bildung unterstützen, weil sie ganz neue Kommunikations- und Lernformate schaffen. Und damit neue Zugänge zur Bildung und diese gelten immer als ein Treiber von Inklusion – sowohl für Kinder mit Behinderung als auch für Kinder mit Mehrsprachigkeit. Es gibt sehr viele mehrsprachige Tools oder Tools für hochbegabte Kinder. Es gibt viele Möglichkeiten dieser Art und digitale Bildung selbst ist ein wichtiger Aspekt: Das haben in einem bayerischen Modellversuch, bei der 100 Kitas dabei waren, auch Kitas mit Kindern mit Behinderungen. Es kommt eine Vielfalt von Ausdruck und Gestaltungsweisen zur Anwendung, bei denen sich alle Kinder wirklich einbringen können. Von daher ist gerade die produktive Bildungsarbeit mit Medien ein sehr inklusiver Ansatz.

Aileen Wrozyna: Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn die digitale Kluft stark ausgeprägt ist?

Eva Reichert-Garschhammer: Die Frage ist, ob und wie junge Kinder die digitale Welt vor allem in ihrer Familie erobern können. Das hängt nicht von ihrem Alter ab, sondern laut Studienlage ganz stark von der Art und Weise, wie Eltern sie begleiten, auch vor deren Bildungsgrad und Einkommen. Je nachdem, welche Einstellung Eltern zum digitalen Medieneinsatz mitbringen, lassen sie sich einteilen in verschiedene Gruppen. Manche sind sehr souverän im digitalen Umgang, manche sind internetfern und verunsichert. Da registrieren wir eine zunehmende Kluft bei jungen Kindern, die einerseits zu Hause von digitalen Medien sehr stark profitieren können, weil sie die Eltern gut begleiten. Hier spricht man von der digitalen Spaltung, die die Kinder in die Kita mitbringen. Wir wissen heute, dass in der digitalen Welt Medienkompetenz eine herausragende Bedeutung hat. Sie ist für gesellschaftliche Teilhabe Voraussetzung. Sie wurde zur vierten Kulturtechnik erklärt, neben Rechnen, Schreiben und Lesen. Die OECD hat sie zu einer der zentralen Zukunftskompetenzen herausgestellt. Sehr gut finde ich immer diesen Begriff ‘digital literacy’ aus dem Englischen. Er verdeutlicht sehr stark, dass es bei der Stärkung von Medienkompetenz um eine Art von Alphabetisierung geht – ähnlich wie beim Schreiben und Lesen. Je früher sich die Kinder mit digitalen Medien in der Familie und der Kita auseinandersetzen können, desto größer sind die Chancen, dass sie eben nicht von Medien abhängig werden, als Suchtgefahr, sondern ganz im Gegenteil: lernen kreativ, kritisch, reflektiert und sicher damit umzugehen. Digital kompetente Kinder sind am besten vor Risiken geschützt und lernen es wirklich, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden, daran teilzuhaben und sie mitzugestalten. Wenn das ausbleibt, hinken die Kinder sehr stark hinterher. Das aufzuholen ist alles andere als einfach.

Dr. Claudia Wirts: Vielleicht darf ich ergänzen. Mir ist es immer wichtig, den Unterschied eines passiven Medienkonsums und einer aktiven, selbst gestalteten kreativen Mediennutzung herauszustellen. Was wir häufig haben, ist, dass Kinder im Kindergartenalter zwar schon viel mit Medien in Kontakt kommen, aber sich selten selbst als aktive, kreative Akteure im Umgang mit den Medien erleben, sondern eher passiven Medienkonsum gewohnt sind. Das ist das, was eben im Rahmen von Bildung zur Medienkompetenz angegangen werden sollte. Das ist der Part, in dem sie sich als aktive, kreative und selbstbestimmte Nutzer:innen dieser Medien erleben.

Aileen Wrozyna: Und wie ermöglichen digitale Technologien Kindern zum Beispiel mit Behinderung oder eingeschränkten kommunikativen Möglichkeiten mehr Teilhabe?

Dr. Claudia Wirts: Das ist auf sehr unterschiedlichen Ebenen zu denken. Zum einen können Kinder mit zum Beispiel wenig Kompetenzen im Bereich Deutsch, weil sie in einer anderen Muttersprache oder Familiensprache aufgewachsen sind, es als sehr bereichernd erleben, wenn in der Kita ihre Muttersprache eine Rolle spielt. Und da man nicht erwarten kann, dass jed:e Erzieher:in jede Familiensprache spricht, ist es eine wunderbare Möglichkeit, sich mithilfe mehrsprachiger Apps sprachlich für diese Kinder einzubringen. Es gibt tolle Möglichkeiten: zum Beispiel die Kinderliteratur App Polylino, bei der es viele Bücher gibt, die die Kinder zu Hause in der jeweiligen Familiensprache mit den Eltern nutzen können. Oder mehrsprachige Bilderbuch-Apps oder Apps, die in mehreren Sprachen Möglichkeiten der Bedienung bieten. Wir haben auch den Bereich der Kinder mit Behinderung, die kommunikativ eingeschränkte Möglichkeiten haben. Zum Beispiel Kinder mit Autismusspektrumstörungen, die sich in der Regel schwertun, über Lautsprache zu kommunizieren. Sie lernen über Symbolkommunikation mit Apps schnell, wie sie Wünsche ausdrücken können, wie sie Dinge besser verstehen, indem sie das über eine bildliche Darstellung dargeboten kriegen.

Wir haben auch die Kinder, die schwerhörig oder taub sind und die über Gesten kommunizieren. Da gibt es kindgerechte Apps, mit denen man Gebärden lernen kann. Das macht auch anderen Kindergartenkindern viel Spaß. Das habe ich selbst erlebt: Wenn sie über eine App mit kleinen Videos, in denen Gesten vermittelt werden, einen Grundwortschatz in dem Bereich lernen.

Außerdem haben wir Kinder, an die man zuerst denkt in diesem Bereich: nämlich Kinder mit körperlichen und motorischen Einschränkungen. Sie sind aufgrund ihrer Möglichkeiten eingeschränkt, zu sprechen und ihre Stimme oder die Sprechmuskulatur zu gebrauchen. Da gibt es sogenannte Talker Apps, mit denen Lautsprache einfach ersetzt wird. Das ist nicht optimal, aber viel weitergehender, als frühere Möglichkeiten.

Aileen Wrozyna: Also sind die Tools, die sie nutzen, vor allem Apps?

Dr. Claudia Wirts: In der Regel. Was den Kommunikationsbereich angeht, nutzen wir einfache Tablets und Apps auf diesen Tablets. Es ist für die Kitas die einfachste Variante, digitale Medien im Alltag gut zu nutzen und eine Vielfalt anbieten zu können. Natürlich gibt es auch spezifische Geräte, gerade im Bereich der Kinder mit Behinderung. Aber das ist für die „durchschnittliche“ Kita nur dann ein Thema, wenn das Kind es mitbringt oder während der Zeit erlernt.

Aileen Wrozyna: Wie kann der Einsatz digitaler Medien die Kommunikation und den Austausch mit den Eltern unterstützen? Sie haben schon ein Beispiel angerissen…

Dr. Claudia Wirts: Was auf jeden Fall eine Hilfe ist, sind Übersetzungsapps oder Apps, die Kommunikation in Symbole verwandeln. Da denke ich an Eltern mit einer anderen Familiensprache, die selbst nicht so viel auf Deutsch kommunizieren können. Da gibt es auch jenseits der digitalen Tools Möglichkeiten, wie zum Beispiel Picturebooks, die man für Elterngespräche einsetzen kann. Aber die digitalen Medien sind viel vielfältiger.

Eva Reichert-Garschhammer: Da kann ich mich einklinken. Im Zuge der Digitalisierung ist in Deutschland ein großer Markt an Kita Apps entstanden. Sie unterstützen einerseits die Kommunikation, die Dokumentation oder Bildungsdokumentation und die Verwaltung. Und es gibt für die Kommunikation mit Eltern die klassische Mail. Dann sind einige Kommunikationsapps, also Einzellösungen für Kommunikation mit Eltern oder im Team, entstanden. Und es sehr viele Komplettlösungen, die die Kommunikation enthalten, entstanden. Und diese haben verschiedene Möglichkeiten der Kommunikation. Einmal kann die Kita wichtige Informationen, Termine teilen über die digitale Pinnwand mit den Eltern. Es gibt eine App mit internem Kalender, in der man einen Speiseplan einstellen kann oder die Ausflugstermine und die Schließtage bekannt gibt. Dann gibt es eine Chatfunktion, in der man den Austausch zwischen Kita und Eltern befördert. Oder die Eltern haben eine App, in der sie ihre Kinder bei Krankheit und Urlaub abmelden oder zum Ausflug anmelden können. Das sind die Möglichkeiten. Was Frau Wirts angesprochen hat: Einige Apps haben tatsächlich eine Übersetzungs-, Diktier-, Vorlesefunktion oder sind mehrsprachig. In so vielen Sprachen, dass bei dieser digitalen Kommunikation auch die Eltern dabei sind, die nicht oder kaum Deutsch sprechen oder im Hören, Lesen und Schreiben beeinträchtigt sind. Und das Tolle sind die Effekte, die man über diese Apps hat – die medialen Brücken zu den Familien. Es ist eine Zeit- und Kostenersparnis, mehr Transparenz und keine Zettelwirtschaft mehr. Die Eltern fühlen sich sehr gut informiert und eingebunden und es gibt weniger Elterntelefonate in der Früh am Morgen, weil die Eltern ihre Kinder digital abmelden. Es ist mehr Zeit für Kinder und diese Effekte sind super. Und was noch eine Neuentwicklung ist, das hat Corona uns beschert: die Videokonferenz-Tools. Es gibt jetzt Möglichkeiten, statt einen klassischen Elternabend in der Kita digitale Veranstaltungen zu machen. Die Rückmeldungen sind positiv. Die sind derzeit besser besucht. Auch das sind neue Möglichkeiten, die es wirklich gibt.

Im Zuge dessen haben wir eine Expertise zum Thema Kita-Apps aufgelegt, die Kitas und vor allem Kita-Trägern Orientierungs- und Entscheidungsrahmen an die Hand geben. Wie schaut der deutsche Markt aus? Welche Apps gibt es? Was sind die Erfahrungen im Praxiseinsatz und was muss ich vor allem auch datenschutzrechtlich beachten?

Aileen Wrozyna: Wo finden Fachkräfte noch mehr Unterstützung und auch weiterführende Informationen zum Thema Diklusion?

Dr. Claudia Wirts: Zum einen können wir auf eine Broschüre verweisen unter www.fachlich-fit.de. Da finden sich ganz viele Anregungen zum Themenbereich Mehrsprachigkeit. Und auf eine Broschüre, die nennt sich ‘Dialogitalo - Sprachförderung mit digitalen Medien’. Da sind viele Praxistipps, Ideen, aber auch Hinweise, welche Gefahren im Einsatz von digitalen Medien schlummern können, wenn man sie zu großzügig einsetzt.

Aileen Wrozyna: Gibt es Kurse oder Vorträge oder Ähnliches?

Eva Reichert-Garschhammer: Ich kann ein bisschen ausholen: Wir haben in Bayern den national größten Modellversuch mit 100 Kitas gemacht und haben, als wir damals einstiegen sind, bestehende Onlineplattformen stark genutzt. Da gibt es in Deutschland sehr gute wie zum Beispiel "Ran an die Maus und Tablet" oder in Österreich den „Medienkindergarten Wien“. Aber auch "Gutes Aufwachsen mit Medien", "Lesen mit App" sind sehr schöne Plattformen mit vielen Infos, Tipps und weiterführenden Links. Wir haben viele Ergebnisse aus dem bayerischen Modellversuch zusammengetragen, bereiten diese gerade auf und tragen in die Fläche. Es gibt in Bayern seit letztem Jahr den Kitahub Bayern. Das ist eine Onlineplattform mit vielen Services. Zwei Serviceangebote möchte ich vorstellen.

Das eine gibt es seit März dieses Jahres. Es heißt "Startchance kita.digital". Das ist ein offener Onlinekurs zum Einstieg in die digitale Bildungsarbeit in der Kita, die wir am IFP zusammen mit dem JFF Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und mit Förderung von der VBW entwickeln konnten. Es sind acht Lerneinheiten, in denen wir die zentralen Ergebnisse bündeln, um die Bandbreite digitaler Bildungsaktivitäten mit Kindern bis zehn Jahren aufzugreifen. Wie Frau Wirts schon gesagt hat, geht es nicht ums Konsumieren in der Kita, sondern ums Gestalten und Lernen mit digitalen Medien. Wir haben die zehn Einheiten, die Medien zum Thema machen, Spiele rund ums Hören, Fotografieren und Bildbearbeitung, Filmarbeit und Kameratricks, Erzählen mit und über Medien, Forschen mit Medien drinnen, draußen, Coding und Robotics und Eltern als Partner einbeziehen. Da wird Basiswissen vermittelt. Es gibt auch filmische Inspirationen. Wichtig ist, die Sachen per Film zu zeigen. Wir haben in sehr viel Modell-Kitas gedreht und Filmbeispiele zusammengetragen, moderiert durch ein Expert:innen-Duo oder Tandem. Die sollen Lust machen, diese Filme, diese Methoden und Werkzeuge, die man hier zeigen in der Praxis auszuprobieren. Man kann es also als Selbststudium für die Kita nutzen, Teamsitzungen, für Fachberatung und für Aus-, Fort- und Weiterbildung. Dieses Angebot steht. Es ist völlig offen zugänglich, keine Registrierung, man geht einfach auf die Kita Bayern, klickt Kurse an und sieht die erste Kachel, den MOOC. Dort gibt es auch Materialkisten und alles Mögliche.
Das zweite, was wir gerade aufbauen auf dem Kitahub, ist eine Medienecke. Dort bauen wir für die gesamte Frühpädagogik eine Sammlung freier Bildungsmaterialien, kurz „OER Open Educational Resources“ mit CCC Lizenz. Wir haben zum Thema Digitalisierung und Medienkompetenz eine Sammlung aufgebaut zu sieben Unterthemen. Wenn man sucht, kann man zum Thema Technik, digitale Bildung, Kooperation mit Eltern, mittelbare Aufgaben, digitale Kita, Recht und Online-Qualifizierung für Personal stöbern und findet eine Fülle an Grundlagendokumenten – wie zum Beispiel einen Kompetenzrahmen oder eine Checkliste für digitale Bildungsaktivitäten, in denen es um die Themen Chancen und Risikomanagement geht. Wie kann man das in der Kita gut umsetzen? Aber auch Expertisen, technische Anleitungen, App-Empfehlungen, Kinder-App Liste, alles Mögliche. App-Steckbriefe kann man sich suchen. Wir arbeiten nicht nur mit unserem Material, sondern wir stellen auch viele Materialien von externen Einrichtungen und Instituten ein. Wir versuchen, diese Materialien laufend weiterzuentwickeln. Das ist Work in Progress, wir werden die immer wieder aktualisieren, weil die Technik sich schnell verändert. Und auch den MOOC werden wir ausbauen. Wir haben einen Film für Krippenkinder gedreht. Wie schaut denn digitale Bildung in der Krippe aus? Da werden wir weiter dran arbeiten. Auch sprachliche Bildung mit digitalen Medien ist Schwerpunktthema bei uns, das wir noch stärker herausheben. Dazu gibt es eine aktuelle Broschüre und das sind beides Angebote, die deutschlandweit oder auch im ganzen deutschsprachigen Raum genutzt werden können.

Dr. Claudia Wirts: Ergänzend dazu haben wir einen Kurs zum Themenbereich Inklusion im engeren Sinn:  Barrieren abbauen für Kinder mit Behinderung. Dort sind viele Tipps, die digitale Medien einbeziehen, insbesondere im Bereich der Kommunikation. Da finden Kita-Erzieherinnen viel Material.

Aileen Wrozyna: Es gibt also eine Fülle an weiterführenden Materialen dazu?

Eva Reichert-Garschhammer: Ein Punkt ist mir sehr wichtig. Der kam ein bisschen zu kurz. Es wird nicht so sein, dass die digitalen Medien und die Technik, die Pädagogik bestimmt, sondern es gilt immer noch das Primat der Frühpädagogik. Die Anknüpfungspunkte, auch bei digitalen Medien, bleiben immer die aktuellen Themen und Interessenssituationen der Kinder in der Kita. Und das wir alltagsintegriert, nicht in Form von Medienprojekten, digitale Medien sinnvoll einsetzen und mit den Kindern. Das ist die wichtigste Botschaft, die wir rüberbringen können. Nicht das Medienprojekt ist das Thema, sondern im Alltag in sinnvoller Weise mit den Kindern digitale Medien nutzen und die verschiedenen Verwendungsarten dadurch kennenzulernen. Zu recherchieren, wie kommuniziere ich oder kooperiere ich mit Medien? Wie produziere ich und präsentiere ich mit Medien? Wie kann ich Probleme lösen oder mit Medien handeln? Sodass die Kinder die Verwendungsweisen kennenlernen. Anschließend ist es wichtig, dass man sich über diese Einsatzerfahrung mit den Kindern austauscht. Das ist Bildung über Medien als Lerninhalt, nur dann lernen die Kinder, was es heißt, sich zu schützen und sicher zu agieren. Was ist das Recht am eigenen Bild? Was muss ich beachten? Das muss man mit den Kindern bereden und sie lernen zu reflektieren und zu analysieren. Den kritischen, reflektierten Umgang mit Medien lernen sie nur, wenn man mit den Kindern darüber spricht.

Dr. Claudia Wirts: Gerade weil ich aus dem Bereich der sprachlichen Bildung komme, ist mir wichtig zu betonen, dass man mit den Kindern im Dialog Medien nutzen sollte. Dass man die Kinder nicht vor die Medien setzt oder sie dort abstellt, sondern dass man in den Dialog gehen sollte. Die Medien und digitale Medien bieten, so wie ein Bilderbuch auch, ganz vielfältige Gesprächsanlässe, um mit den Kindern darüber zu sprechen und um Erfahrungen zu reflektieren. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Aileen Wrozyna: Das sagen Dr. Claudia Wirts vom Institut für Förderpädagogik an der Universität Leipzig und Eva Reichert-Garsschhammer, Abteilungsleitung beim Staatsinstitut für Frühpädagogik. Vielen lieben Dank Ihnen beiden für das Gespräch.

Eva Reichert-Garschhammer: Danke.

Dr. Claudia Wirts: Vielen Dank für die Einladung.

Aileen Wrozyna: Impulse für gute KiTa ist ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Wenn Ihnen der Podcast gefallen hat, dann empfehlen Sie ihn doch gerne weiter.